Das Rote Kreuz entsendet Krankenschwestern an Kliniken. Dort haben sie keinen Vertrag, keine Arbeitnehmerrechte und dürfen nicht streiken. Das soll nun anders werden.
Als ihre Kolleginnen im Jahr 2006 für bessere Löhne auf die Straße gingen, blieb Katharina Becker* bei ihren Patienten am Krankenbett. Becker durfte nicht streiken. Sie arbeitete zu diesem Zeitpunkt seit sechs Jahren am Universitätsklinikum in Essen und übernahm genau die gleichen Aufgaben wie andere Krankenschwestern auch: Blut abnehmen, Spritzen setzen, Verbände legen. Der Unterschied: Sie hatte keinen Arbeitsvertrag und deshalb auch keine Arbeiterrechte. Sie war über das Deutsche Rote Kreuz (DRK) beschäftigt. Damit war sie keine Angestellte des Krankenhauses, sondern Mitglied der DRK-Schwesternschaft.
Das Prinzip der Schwesternschaft hat in Deutschland Tradition. Als die Krankenpflegerin Hedwig Gräfin Rittberg 1875 die erste Schwesternschaft Berlin gründete, galt die Idee als fortschrittlich. Unverheiratete Frauen konnten über den Verbund der Schwesternschaft einen Beruf ausüben und sich so unabhängig vom Mann im Alter absichern. 1882 erkannte Kaiser Wilhelm I die Schwesternschaft als öffentliche Wohlfahrtseinrichtung an. Gut 16 Jahre später schloss sie sich dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) an. (...)