Trübe schwappen die Wellen an den Bug des Tankschiffs Melani, das auf der Höhe von Duisburg durch den Rhein fährt. Noch ist es früh, erst gegen zehn Uhr. Doch der 18. Mai 1966 verspricht, ein warmer Frühlingstag zu werden, und bereits jetzt stinkt das Wasser nach Moder, Ammoniak und Schiffsdiesel. Die Besatzung der Melani blickt auf den Strom. Plötzlich steigt zwischen Schaumballen der Buckel eines weißen Tieres empor - ein vier Meter langer Belugawal. Als erste Amtshandlung unterzieht die herbeigefunkte Wasserschutzpolizei die komplette Besatzung der Melani einem Alkoholtest. Schließlich wird das nordrhein-westfälische Innenministerium eingeschaltet, es gibt Nachforschungen über die Herkunft des Tieres. Bald steht fest: Dieser Wal ist ein Schiffbrüchiger.
Kurz zuvor war der an der Ostküste Kanadas gefangen worden und auf einem Frachter unterwegs in einen britischen Zoo gewesen. Doch schwere See im Ärmelkanal ließ das Schiff kippen und den Wal entkommen. Warum er ausgerechnet den Rhein hinauf schwamm, blieb ein Rätsel, denn der Fluss drohte zur tödlichen Falle zu werden. Moby Dick, wie ihn die Presse rasch taufte, nahm Kurs rheinaufwärts, es schien unwahrscheinlich, dass der Wal einfach wieder dorthin schwamm, wo er hergekommen war. So wurde das Wildtier zu einem Problem, ähnlich wie auf den Tag genau 40 Jahre später Braunbär Bruno im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet.
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