Alle reden von der Gründer-, aber niemand von der Gründerinnenszene: Wirken ausgerechnet dort, wo man sich jung und modern gibt, die alten Klischees und Stereotypen fort?
Wenn sie herzlich lachen will, muss sich Julia Römer (31) nur an den Einkauf in diesem Baumarkt erinnern. Als sie nach Heizungsrohren aus Kupfer fragte und der Verkäufer erst einmal wissen wollte, wofür sie die brauche. Und wie verblüfft er sie ansah, als sie entgegnete: „Es wäre echt zu kompliziert, Ihnen das jetzt zu erklären.“
Die Wirtschaftsingenieurin und Unternehmerin arbeitete damals an einer ersten Ausführung des stromlosen, nur mit heißem Wasser betriebenen Kühlschranks, den sie mit ihrer Firma Coolar entwickelt hatte. In Ländern, in denen die Stromversorgung schlecht oder zu teuer ist, sollen die Geräte Impfstoffe und Medikamente kühlen. Die ersten Modelle stellen Julia Römer und ihre sieben Mitstreiter in diesen Wochen fertig. Dann sollen Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen ihre Tauglichkeit erproben.
Julia Römer ist, was man eine Macherin nennt. Ihre Mutter Heike (54) und ihr Vater Steffen (56) sind Ingenieure, arbeiten beide schon immer in Vollzeit, und für die Tochter war es „nie eine Frage, dass ich das nicht auch machen könnte“.
Sie hat allerdings die Erfahrung gemacht, dass man sie nicht nur in Baumärkten für wenig sachverständig bzw. für hilfsbedürftig hält. In der sogenannten Gründerszene ist es nicht anders. Wenn sie mit einem Kollegen auf einer Branchenveranstaltung ist, wird grundsätzlich er für den Programmingenieur, sie aber für die Marketingfrau gehalten, zuständig für die Verkaufe.
Nicht dass die klassischen Klischees und falschen Zuweisungen sie ärgerten. Im Gegenteil, Römer findet sie amüsant. Sie sei „nicht gerade leise“, sagt sie über sich selbst. Man müsse sie nicht erst ermutigen, den Mund aufzumachen.
Aber sie wundert sich, dass Frauen, die eine führende Rolle in Unternehmen spielen, ausgerechnet unter Gründern als etwas Besonderes betrachtet werden. Was natürlich daran liegt, dass Frauen in der Szene stark unterrepräsentiert sind – obwohl mehr Mädchen als Jungen ihr Abitur machen, obwohl mehr Frauen als Männer ein Studium beginnen.
[...]
Zuerst erschienen in Bilanz 12/16.
Rétablir l'original