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Dieter Jurgeit: Der Rock 'n' Roll-Bänker tritt ab

In seinem Büro hängt das überdimensionale Foto einer Gitarre. Im Schrank liegen Jeans und Band-T-Shirts. Eine goldene Schallplatte von AC/DC gibt es auch. Hier arbeitet Dieter Jurgeit (57). Was er wohl beruflich macht? Egal, was Sie jetzt denken, es wird falsch sein. Er ist ein sehr erfolgreicher Finanz-Profi, Vorstandsboss der PSD Bank Nord. Jetzt sagt Hamburgs ungewöhnlichster Bank-Chef Tschüs.

Dieser Mann ist ein Ereignis. Mit quietschenden Reifen fährt er am St. Pauli-Stadion vor. Hier ist er mit der MOPO verabredet, weil dies sein Lieblingsort in Hamburg ist. Und natürlich kommt er nicht in dunkler Limousine daher, er ist schließlich der etwas andere Bank-Boss. Dieter Jurgeit ist in einem braunen Mini mit St. Pauli-Logo unterwegs, seinem offiziellen Dienstwagen. Er springt lachend aus dem Auto - und sprudelt los.

Heavy Metal? Seinen Lieblingsbands ist er früher durch ganz Europa immer hinterhergereist! Fußball? Am liebsten wäre er Profi geworden! Und er ist ja so gern Opa - sein Enkel schläft nur in „Retterchen"-Shirts von St. Pauli! Er rattert das alles in rheinländischem Singsang und in einem Tempo herunter, dass man sich am liebsten anschnallen möchte. Damit man vor lauter Input nicht umkippt.

Höchste Priorität hat der Job, dann kommt die Musik. „Metal-Konzerte sind mein Lebenselixier! Nach einem langen Tag im Büro brauche ich das zum Runterkommen", sagt er, und seine blauen Augen blitzen. 170 Konzerte von AC/DC hat er schon gesehen und ungefähr genauso viele Auftritte von Deep Purple. „Vielleicht ist es schwer zu vermitteln: Aber tagsüber hart in verantwortungsvoller Position arbeiten und abends auf einem Metal-Konzert entspannen - das geht!"

Meist sitzt er bis 21.45 Uhr in seinem Büro in der Wandsbeker Zentrale. Um 22 Uhr ist er zwei bis drei Mal in der Woche bei einem Konzert, immer in der ersten Reihe rechts. Damit die Verwandlung vom Banker in den Metal-Fan ganz schnell geht, hat er im Büro einen Schrank mit Konzert-Klamotten.

Dieter Jurgeit ist aber nicht nur der coole Metal-Banker, sondern auch ein seriöser Geschäftsmann. In den 17 Jahren hat er seine Genossenschaftsbank weit vorangebracht. In seiner Amtszeit wurde das Geschäft mit privaten Baufinanzierungen mehr als verdreifacht. Er hat 160 Mitarbeiter und 120.000 Kunden.

Und soziales Engagement ist ihm wichtig. Die Genossenschaftsbank unterstützt 70 soziale Projekte. Gemeinsam mit der MOPO hat Dieter Jurgeit zum Beispiel den „Stadtteilpreis" ins Leben gerufen, der 100.000 Euro für gute Zwecke vergibt. Seine Mitarbeiter sagen, dass der Chef extrem zielorientiert und visionär ist - er aber auch ungemütlich werden kann, wenn etwa Termine nicht eingehalten werden.

Steht Dieter Jurgeit nicht gerade bei einem Metal-Konzert in der ersten Reihe, ist er beim Heimspiel des FC St. Pauli, dessen Sponsor die Bank mal war. Warum dieser Verein? „Ich halte es immer mit den Underdogs. An dem FC St. Pauli mag ich die Andersartigkeit."

Vermutlich, weil er selbst etwas anders ist. Als er vor 17 Jahren nach Hamburg kam, erlitt er einen kleinen Kulturschock. Abends ging Dieter Jurgeit in eine Kneipe, stellte sich neben einen einzelnen Gast und begann zu erzählen - wie man es in seiner Heimat Köln eben macht. Der Hamburger zuckte zusammen. Was will der denn? Darüber kann sich Dieter Jurgeit heute noch beömmeln.

Nun zieht es den Rheinländer zurück nach Hause. Ab Januar ist er Vorstandsvorsitzender des Verbandes der 14 PSD Banken in Bonn. Dann ist er näher dran an Frau, Tochter und den zwei Enkeln. An Hamburg wird er vor allem den FC St. Pauli vermissen und die Altherren-Truppe, mit der er jeden Donnerstag Fußball spielt. Gute Musik gibt es glücklicherweise überall.

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