Seither lebt Polanski in Europa und dreht weiterhin Filme. Kurz vor dem Kinostart seines neusten Werks "Intrige" hatte das Ex-Model Valentine Monnier dem Filmemacher ebenfalls vorgeworfen, sie 1975 vergewaltigt zu haben. Die deutsche Schauspielerin Renate Langer und noch vier weitere Frauen werfen Polanski auch sexuelle Belästigung und/oder Vergewaltigungen vor. Polanski wehrt sich entschieden dagegen.
Können die Filme eines (mutmaßlichen) Vergewaltigers nicht ausgezeichnet werden?Und nun wird sein Film ausgezeichnet. Hat das eine was mit dem anderen zu tun? Können die Filme eines (mutmaßlichen) Vergewaltigers nicht ausgezeichnet werden - immerhin, so die Argumentation, wird hier ja sein filmisches Können gelobt, nichts anderes. Kann ja super Filme drehen, der Polanski, auch wenn er Frauen brutal dazu zwingt, sich von ihm bespringen zu lassen. Oder?
So oder so ähnlich zumindest wird für den polnischstämmigen Regisseur argumentiert. "DIE ZEIT" hat letzte Woche einen Artikel von Magnus Klaue veröffentlicht. Ist ein schön ausformulierter Text, der mit hohen Worten versucht, niedrige Argumente wertvoll klingen zu lassen. Klaue sagt Sachen wie "Zerfall der ästhetischen Urteilskraft" und spricht von einer "Falle für die Kunstwahrnehmung". Im Grunde geht es aber einfach darum, Polanskis Schaffen von seinem Ruf zu trennen.
>> Wie ich Quentin Tarantino eine Frage stellen wollte - und nur ein Selfie mit Brad Pitt bekamIn ihrem Buch "The Girl: Mein Leben im Schatten von Roman Polanski" beschreibt das damals 13-jährige Opfer, wie schrecklich die mediale Hetze war, nachdem sie Polanski öffentlich der Vergewaltigung bezichtigte. Geimer sagt in dem Buch, dass es für sie traumatisch war, wie sie durch die Presse gejagt wurde. Das Ganze sei schlimmer gewesen, als die Vergewaltigung selbst. Tut das etwas zur Sache? Ist Polanski dadurch jetzt weniger Vergewaltiger? Einfache Antwort: NÖ!
Klaue streut diese Info aber in seinen Text - und möchte dadurch ganz eindeutig die Schuld Polanskis in Relation setzen. Etwa so: Vergewaltigung ist doof. Mediale Hetze danach war aber noch viel doofer. Ergo: Vergewaltigung ist nicht mehr ganz so doof. Tja, blöd, wir haben da News: Polanski ist trotz aller Hetze immer noch schuldig und abgesehen davon hätte es ohne die Vergewaltigung gar keine mediale Achterbahnfahrt gegeben. Den Hinweis auf Geimers Buch hätte man sich also komplett sparen können.
Opfer oder Täter? >> Sängerin Duffy: "Ich wurde vergewaltigt, unter Drogen gesetzt und gefangen gehalten"Klauer sagt in seinem Text, dass Polanski und sein Schaffen auch in Europa weiterhin als ewig nicht zugehörig galt. Was Klaue also sagt: Polanski ist kein fetter, weißer Typ, der Macht hat, sich nehmen kann, was er will und einflussreiche Freunde im Nacken hat, die ihn schützen. Schon klar: Polanski ist nicht Harvey Weinstein. Er ist kein ekelhafter Film-Mogul, der sexuelle Erniedrigung gegen Filmrolle eintauscht.
Autor und Werk - eine Trennung?!Es ist zweifelsohne schmerzhaft zu erkennen, dass ein Star, den man verehrt und liebt, neben seinem Job ein ziemliches Monster ist, dass kleine Mädchen unter Drogen setzt, um sie auszuziehen, sie gegen ihren Willen ins Schlafzimmer zu tragen, und sich auf sie zu werfen, um seine Triebe zu befriedigen. Ist schwer zu akzeptieren, dass der eigene Held ganze Leben zerstört hat und vor perfider Gewalt nicht zurückschreckt. Klaue spricht davon, dass "das Wissen um die Biografie des Künstlers [...] zur Falle für die Kunstwahrnehmung" gerät. Er sagt also: Wir bewerten bei Polanski zuerst, dass er Vergewaltiger ist, danach erst, was er als Regisseur leistet. Aber: Die Trennung von Autor und Werk ist halt keine einfache Sache, man möchte fast sagen, es ist eigentlich unmöglich.
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Preise für Vergewaltiger?Die Verleihung des "Cèsar" an einen Mann, der mutmaßlich immer wieder Frauen vergewaltigt hat, spricht eine eindeutige Sprache: Wenn jemand mit Preisen überhäuft wird, obwohl er Frauen vergewaltigt hat, sagt das, dass die Leistung des Mannes wichtiger ist, als das Leid der Frauen. Es sagt, dass der Mann, in dem was er tut, wertig ist - und das was die Frauen erlebt haben, nicht. Und vor allem: Es zeigt anderen Männern, dass man immer noch ein angesehener Mann sein kann, auch wenn man junge Mädchen vergewaltigt. Man kann gefeiert werden, auch wenn man sich gegen Menschlichkeit und gegen Menschenrechte entscheidet. Es zeigt anderen Frauen und Mädchen, dass es egal ist, dass sie von einem Mann wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden, weil dieser Mann auch weiterhin seinen sozialen Status behält.
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Quelle: Noizz.de