Vor der Sommerpause hatte es im Schulausschuss noch anders geklungen. Jetzt stehen die Käthe-Kollwitz und die Heinrich-Heine-Hauptschule erneut vor dem Aus. Ab dem Schuljahr 2015/2016 sollen sie keine neuen Schulanfänger mehr aufnehmen. Zu Gunsten der integrierten Gesamtschule in Bovenden. Serafia Johansson über mögliche Konsequenzen und ratlose Schulleiter.
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Es sind immer wieder die Hauptschulen, die in die Kritik geraten. Weil die Leistungen der Schüler unter den Erwartungen liegen, weil es zu Gewaltvorfällen kommt, weil sich hier sammelt, was woanders keinen Platz findet. Im Saarland, Hamburg und Schleswig-Holstein sind die Hauptschulen bereits abgeschafft, im Osten waren sie auch nach der Wende bedeutungslos und in den restlichen Bundesländern denkt man zumindest über eine Abschaffung nach. Christopher Franzmann-Korff ist Schulleiter der Käthe-Kollwitz-Hauptschule in Göttingen und muss sich nun auch mit einer schleichenden Schließung befassen. Und das, obwohl das Konzept Hauptschule für ihn noch nicht ausgedient hat.
O-Ton 1, Christopher Franzmann-Korff, 28 Sekunden
„Also ich finde die Hauptschulen, zumindest im Moment sehr wichtig. Einfach weil es kleine Systeme sind, die einem bestimmten Schülerklientel durchaus eine Heimat geben können. Im Vergleich dazu eine große IGS, da habe ich schon meine Probleme und mir tun auch schon bisschen meine Schüler leid, die also, jedenfalls befürchte ich das, in einem großen System eher untergehen werden. Hier in der Schule kenne ich jeden einzelnen Schüler, meine Kollegen kennen jeden Schüler und von daher haben wir hier die Chance jeden aufzufangen."
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Göttingen scheint sich entschlossen zu haben, seine Schüler in Gesamtschulen aufzufangen und nicht mehr in den beiden Hauptschulen der Stadt. Eine Entscheidung die für die Betroffenen überraschend kommt. Denn eigentlich war diese Überlegung bereits im Sommer verworfen worden - nach gründlicher Diskussion. Auch Thomas Häntsch, schulpolitischer Sprecher der CDU/FDP-Gruppe war über diesen Umschwung verwundert, kennt aber die Hintergründe.
O-Ton 2, Thomas Häntsch, 22 Sekunden
„Dahinter steckt der Wunsch des Kreises genügend Kinder für die Gesamtschule in Bovenden zu schaffen. Vor einigen Jahren, als in Göttingen der „Run" auf die Gesamtschulen noch stärker war, da versprach die Stadt dem Kreis: ´Wenn du Kreis, in Bovenden eine Gesamtschule eröffnest, dann versprechen wir dir, dann machen wir im Stadtgebiet Göttingen keine Gesamtschule.´ Jetzt wird aber eine Gesamtschule gemacht und das ist so eine Art Kompromiss."
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Ein Kompromiss auf Kosten der Hauptschulen. Und laut Häntsch auch auf Kosten der Schüler. Die Göttinger Gesamtschulen hätten nicht die nötige Erfahrung, vor allem was die Sprachlehrklassen anginge. Eine Ressource, die gerade jetzt mit der vermehrten Aufnahme von Flüchtlingen und Asylbewerbern dringend gebraucht würde. Dass eine Gesamtschule grundsätzlich die Aufgaben einer Hauptschule übernehmen könnte, dass ist für Häntsch keine Unmöglichkeit, jedoch seien sie momentan nicht genügend vorbereitet. Ähnlich sieht es auch Schulleiter Franzmann-Korff.
O-Ton 3, Christopher Franzmann-Korff, 23 Sekunden
„Wenn auch ansonsten die Rahmenbedingungen stimmen, sprich im Zusammenhang mit Inklusion, genügend Förderschullehrkräfte da sind, die Betreuung in den Klassen besser ist, mehr Sozialpädagogen an den Schulen sind, ich denke dann kann man auch sagen, okay, eine IGS kann also alle Aufgaben übernehmen, aber nach dem derzeitigen Stand, sehe ich da wirklich das Problem, dass also die Hauptschulen noch nicht überflüssig sind."
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Dass der Rat sich doch noch umentscheidet, hält Franzmann-Korff für unwahrscheinlich. Wie es dann konkret weitergeht mit den Hauptschulen, wisse er nicht. Irgendwann aber käme man an den Punkt, dass die Schule so zusammengeschrumpft ist, dass es schwierig wird, überhaupt noch einen vernünftigen Unterricht zu gewährleisten. Diese Frage, sagt er, sei noch komplett unbeantwortet.