Das Pol'and'Rock, eines der größten Musikfestivals Europas, fällt pandemiebedingt an diesem Wochenende deutlich kleiner aus. Statt wie bisher in Kostrzyn wird auf einem alten Flugplatz in Makowice in Westpommern gefeiert. Die Fans stört das nicht. Von Robert Schwaß
Entlang der alten Start- und Landebahn im westpommerschen Makowice haben die ersten Besucher bereits ihre Zelte aufgeschlagen. Viele kommen schon seit Jahren zum Pol'and'Rock und tragen die Festival-Shirts der letzten Jahre. Im Hintergrund laufen die letzten Soundchecks, bevor das Festival heute Nachmittag offiziell eröffnet wird. In großen Buchstaben prangt das Motto für die nächsten Tage an der Hauptbühne: "Peace, Music, Love & Rock n' Roll".
Weniger Besucher und strenge Hygiene-MaßnahmenNormalerweise besuchen über eine halbe Million Menschen aus ganz Europa das Pol'and'Rock-Festival. Als "Haltestelle Woodstock" kennen es auch in Deutschland viele Musikfans.
Nachdem es letztes Jahr ausschließlich online stattfand, sind jetzt 20.000 Besucherinnen und Besucher zugelassen. Um die Besucherströme kontrollieren zu können, wurden erstmals vorab Tickets verkauft.
Der logistische Aufwand, um die Hygienesicherheit zu gewährleisten, ist hoch: Die Festivalgänger müssen wegen der polnischen Pandemie-Bestimmungen für Open-Air-Events einen Impfnachweis vorzeigen. Vor Betreten des Festival-Geländes wird zudem ein weiterer Schnelltest durchgeführt. Während der Konzerte herrscht Maskenpflicht. Der Mehraufwand schlägt mit einem Aufpreis von 49 polnischen Zloty, umgerechnet etwas mehr als 10 Euro, zu Buche. Ansonsten bleibe der Festivalbesuch auch in Zukunft kostenlos und die Getränkepreise günstig, versichert Pol'and'Rock-Gründer Jerzy Owsiak. Wer keine Karte ergattert hat, kann das Festival übrigens auch online verfolgen.
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Neu ist in diesem Jahr der Standort: Weil in Kostrzyn an Eisenbahntrassen und Zufahrtswegen gebaut wird, musste Owsiak sein Festival woanders planen. Die Wahl fiel auf den Flugplatz von Makowice, rund 60 Kilometer nordöstlich von Stettin entfernt. Von dem 300 Hektar großen Gelände hat Owsiak einen Teil für das Pol'and'Rock gepachtet. Bei der ersten Besichtigung habe er nicht gedacht, dass hier ein Festival auf die Beine gestellt werden könne, sagt Owsiak. Die komplette Infrastruktur von Wasser bis Stromversorgung musste dafür neu aufgebaut werden. Inzwischen gefällt dem 67-Jährigen das Areal so gut, dass er auch in Zukunft in Makowice bleiben will: "Ein neuer Ort verleiht dem Festival eine neue Energie. Wir erinnern uns gerne an Kostrzyn, aber jetzt haben wir diesen neuen Ort."
Vorfreude bei BesuchernEntlang einer alten Landebahn stehen die Zelte der Besucher. Einige hissen Fahnen auf denen Sprüche oder Herkunftsorte zu lesen sind. Klaudiusz ist aus Krakow angereist. Ob das Festival in Kostrzyn oder Makowice stattfindet, sei eigentlich egal, so der gelernte Lokführer. Wichtiger seien die Leute, mit denen man seine Zeit verbringt. Klaudiusz Freunde kommen aus ganz Polen, einige sind sogar aus Großbritannien und Irland für das Festival angereist. Für Klaudiusz, der bereits zum 8. Mal auf dem Pol'and'Rock ist, sind sie wie eine zweite Familie geworden. Während in den Jahren vor der Pandemie wild um das Festival-Gelände herum campiert werden konnte, sind in Makowice hohe Zäune um den Flugplatz aufgestellt, damit nicht mehr Besucher als erlaubt kommen. Das Campen in den umliegenden Wäldern ist nicht erlaubt. Einigen Leuten seien die Hygiene-Regeln zu streng gewesen, verrät Festivalbesucherin Klementyna. Dass man für das Festival einen Impfnachweis braucht, stieß im Vorfeld teilweise auf Kritik. Doch aufgrund der aktuellen Situation müsse man sich den Spielregeln eben anpassen, sagt Klementyna. Sie freut sich auf ein Wochenende mit ihren Freunden und kurzen Nächten.
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Musikalisch fährt das Pol'and'Rock von Donnerstag bis Samstag eine große Bandbreite an Künstlern auf. So tritt am Donnerstag das Stettiner Hip-Hop Duo Łona i Webber auf, das sich mit gesellschaftskritischen Texten an die Spitze der polnischen Charts rappte. Freitag freuen sich Fans unter anderem auf die französische Metal-Band Igorrr und das Dubiozia Kolektiv, ein Balkan Beats Ensemble aus Bosnien Herzegowina. Etwas ruhigere Klänge kommen von der polnischen Liedermacherin Renata Przemyk. Auch die Blues Band Dzem ist dabei. Die sechsköpfige Gruppe aus dem schlesischen Tychy ist bereits seit den frühen 70ern aktiv. Zum Abschluss am Samstag spiel der polnische Vocalist Piotr Bukartyk mit Band auf der Hauptbühne. Umrahmt werden die Konzerte von einem bunten Programm: Yoga- und Origamikurse bis hin zu Filmvorführungen und Diskussionen über den Erfindergeist während der Pandemie. Auch wegen solcher Aktionen machte die regierende PiS-Partei in den letzten Jahren im Internet Stimmung gegen das Festival. Owsiak, der von sich selbst sagt, dass er für ein liberales Polen steht, lässt sich davon nicht einschüchtern. Egal ob eine Pandemie oder andere äußere Umstände, bisher sei es immer gelungen, ein Festival auf die Beine zu stellen.
Sendung: Brandenburg Aktuell, 29.07.2021, 19:30 UhrBeitrag von Robert Schwaß