Ein Test der Arbeitsagentur soll Menschen einstufen, die zwar Arbeitserfahrung haben, aber keinen Berufsabschluss. Vor allem Geflüchtete könnten davon profitieren.
Es lief viel schief bei Andreas Klein*. Als Jugendlicher, sagt er, wurde er von Mitschülern gemobbt, galt als aufmüpfig, mit 17 brach er die Schule ab, ohne Abschluss. Mit Glück ergatterte er eine Ausbildung zum Anlagenmechaniker Heizung, Sanitär und Klimatechnik, spezialisierte sich auf Sanitäranlagen. Doch dann schmiss sein Chef ihn im letzten Lehrjahr raus. Er war zu oft zu spät gekommen. Klein stand da: ohne Ausbildung, ohne Schulabschluss.
Mehr als zwei Millionen Menschen zwischen 20 und 34 in Deutschland haben keinen Abschluss, so der Berufsbildungsbericht 2019, ein neuer Rekordwert. Die Gründe können unterschiedlich sein: emotionale Probleme, das Gefühl, den falschen Beruf gewählt zu haben, die Entscheidung, die Karriere erst mal hinten anzustellen. Viele dieser Menschen haben im Laufe ihres Lebens dennoch gearbeitet, meist als Hilfskraft.
Auch Klein hangelte sich von Job zu Job. Riss auf Baustellen Wände ein, wechselte von Zeitarbeit zu Zeitarbeit. Betonbau, Stahlbau, Glastechnik. Und immer, wenn es ging, Nebenjobs in seinem alten Feld: als Sanitärinstallateur.
Klein liebt seine Arbeit. Er ist gern im Kundendienst und auf der Baustelle unterwegs, mag das Löten und das Schweißen. Das Beste sei, sagt er, die Sanitäranlagen in einem gerade renovierten Bad anzuschließen, wenn alles noch ganz frisch ist. "Ein Traum." Damit er wieder dauerhaft in seinem Beruf Fuß fassen kann, hat ihn sein Jobcenterbetreuer nun zum Arbeitsamt geschickt. Dort soll er bei einem neuartigen Test mitmachen.
MySkills nennt sich das Verfahren, seit 2017 ist es auf dem Markt. Menschen ohne Berufsabschluss, aber mit Arbeitserfahrung sollen am Computer zeigen, was sie können. 125 Fragen müssen sie dazu beantworten und werden dann als Hilfs-, Arbeits- oder Fachkraft eingestuft. Die Macher sprechen von der ersten standardisierten wissenschaftlichen Erhebung dieser Art.
Für Klein, inzwischen 32, beginnt der Test an einem Montagmorgen im Arbeitsamt in der Berliner Friedrichstraße. Ein schmaler, spartanisch eingerichteter Raum; weiße Wände, grauer Teppich, neun Tische, darauf je ein Monitor und eine Tastatur.
"Ich hoffe, Sie haben gutes Sitzfleisch", sagt die Betreuerin zu ihm. Vier Stunden dauert der Test im Schnitt. Missmutig setzt Klein die Kopfhörer auf. Er ist skeptisch. "Was sagt ein Computertest schon darüber aus, wie gut ich Rohre verlegen kann?"
Zuerst soll Klein aus einer Liste von Tieren die markieren, die fliegen können, im Anschluss die Jahreszeiten in die richtige Reihenfolge bringen. Er schnaubt verächtlich.
Dann aber geht der eigentliche Test los. Es geht um die zentrale Schaltstelle für Abwasserrohre, Angaben zur Höhe des installierten Fußbodens, die richtige Reihenfolge bei der Montage eines Heizkessels. "Oh", sagt Klein und setzt sich aufrecht hin.