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Biobaumwolle, Lyocell oder Hanf: Wie öko ist Kleidung aus diesen Fasern?

Welche Faser ist wie gut für die Umwelt? Ein Überblick (Symbolbild). © Quelle: Unsplash

Immer mehr und immer günstiger lautet das Credo bei Fast Fashion - zulasten der Umwelt und der Arbeitenden vor Ort. Wer Wert auf Nachhaltigkeit legt und sich die höheren Preise leisten kann, kauft deshalb lieber Slow Fashion. Damit ist fairer produzierte und ökologischere Kleidung gemeint. Zahlreiche Siegel, darunter der Global Organic Textile Standard (GOTS) oder das staatliche Siegel Grüner Knopf, prangen auf den Klamotten und bescheinigen das Einhalten solcher Kriterien.

Doch nicht nur auf jede Menge Siegel stoßen Käuferinnen und Käufer beim Stöbern in Ökoläden oder nachhaltigen Onlineshops - sondern auch auf Fasern, die man beim Textildiscounter seltener bis gar nicht findet. Dazu zählen unter anderem Biobaumwolle, Lyocell, Modal, Leinen, Hanf und Wolle. Wie ökologisch sind diese Fasern und wie steht es um den Tragekomfort? Ein Überblick.

Biobaumwolle

Nicht nur Tomaten oder Weizen können bio sein, sondern auch Baumwolle. Wenn ein Landwirt oder eine Landwirtin Rohstoffe nach ökologischen Kriterien anbaut, verzichtet er unter anderem auf chemisch-synthetischen Pflanzenschutz und solche Düngemittel, informiert die Verbraucherzentrale. Gentechnik ist ebenfalls tabu.

Im Vergleich zu konventioneller sei Biobaumwolle „sicher die bessere Lösung für das Klima", sagt Monika Messmer vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) gegenüber dem Südwestrundfunk (SWR). Denn für ihren Anbau werde weniger Energie verbraucht, dadurch entständen weniger Treibhausgase - insbesondere, weil auf chemischen Pflanzenschutz verzichtet werde.

In der Kritik steht Baumwolle immer wieder, weil man für ihren Anbau viel Wasser braucht - für die Produktion eines Kilos Baumwolle im globalen Durchschnitt etwa 10.000 Liter laut dem Water Footprint Network. In Regionen, in denen es (zu) wenig Trinkwasser gibt, ist dieser hohe Wassereinsatz ein Problem. Biobaumwolle sei da nicht pauschal besser, erklärt Expertin Messmer. Wie viel Wasser benötigt werde, hänge von der Sorte ab. Wissenschaftlich fundierte Daten, inwieweit der Anbau von Biobaumwolle tatsächlich weniger Wasser brauche, fehlten noch.

Und: Das Biozertifikat gibt nur Auskunft über die Art des Anbauens. „Über die Weiterverarbeitung bis hin zum fertigen Kleidungsstück sagt es nichts aus", informiert das Umweltinstitut München. Wer sichergehen wolle, dass keine Rückstände von gefährlichen Chemikalien, Lösungsmitteln oder Schwermetallen in den Fasern sind, müsse weitere Textilsiegel zurate ziehen.

Baumwolle sei angenehm zu tragen, sagt Maria Silies, wissenschaftliche Mitarbeiterin im hannoverschen Studiengang Modedesign. „Die Naturfaser ist langlebig, reißfest und hautfreundlich", erklärt die Expertin für nachhaltiges Design.

Hanf und Leinen

Gegenüber Baumwolle haben Hanf und Leinen einen Standortvorteil. Denn sie kommen mit kargen Böden, wenig Wasser und den hiesigen Klimabedingungen aus, informiert das Umweltinstitut München. „Deshalb sind sie für die Ökotextilindustrie besonders gut geeignet", lautet die Einschätzung des Instituts. Baumwolle werde dagegen vor allem in China, Indien und den USA angebaut.

Übrigens: Zum Rauchen eignet sich die für Hanfkleidung verwendete Rohfaser nicht. Denn in Deutschland dürfen Landwirtinnen und Landwirte nur solche Sorten anbauen, die maximal 0,2 Prozent THC enthalten. Das ist im Betäubungsmittelgesetz geregelt.

Langlebig und hochwertig sei Leinen, meint der Verbraucherservice Bayern. Die Faser sei sehr glatt und schmutzabweisend. Aus der Textilproduktion verdrängt worden sei Leinen, weil die Produktion früher sehr aufwendig und durch verwendete Laugen auch umweltschädlich gewesen seien. Heute gestalte sich die Aufarbeitung der Faser aber umweltfreundlicher.

„Leinen und Hanf haben kühlende Eigenschaften und sind deshalb besonders im Sommer angenehm zu tragen", sagt Modeexpertin Silies. Wenn Hanf allerdings keine Verbindung mit anderen Fasern eingehe, etwa mit Baumwolle, könnten Klamotten aus diesem Material sich manchmal etwas kratzig anfühlen.

Viskose, Lyocell und Modal

Genauso wie die bekanntere Viskose werden Modal und Lyocell aus Holz hergestellt, genauer gesagt aus Zellulose. Als Naturfasern gelten sie trotzdem nicht. „Es handelt sich um synthetisch hergestellte Fasern aus natürlichen Rohstoffen", erklärt Silies.

Denn das Lösen der Zellulose aus dem Holz ist ein industrieller Prozess, bei dem chemische Mittel zum Einsatz kommen. „Lyocell gilt als sehr nachhaltig, weil seine Herstellung weniger Wasser verbraucht und weniger Chemikalien nötig sind - im Vergleich zur Viskose", so das öffentlich-rechtliche Portal „Planet Wissen".

Laut der österreichischen Firma Lenzing, die unter anderem Lyocell unter dem Markennamen Tencel vertreibt, könne das verwendete Lösungsmittel aber zurückgewonnen und wiederverwertet werden. Außerdem sei das für die Lyocell-Produktion verwendete Lösungsmittel ungiftig, steht in einem Paper der Technischen Universität Graz. Beim Herstellen von Viskose würden dagegen teilweise ungesunde und umweltschädliche Stoffe wie Schwefel­wasserstoff entstehen.

Auch Modal sei nicht bedingungslos zu empfehlen. „Nicht alle Verfahren zur Herstellung von Modal sind aus ökologischer Sicht zu befürworten, da sich diese meist als sehr energie- und chemieintensiv erweisen", schreibt der Onlinemodehändler Glore in seinem Materiallexikon.

Positiv bei allen drei Materialien ist allerdings, dass sie komplett biologisch abbaubar sind. Und: Wäscht man sie, entsteht wie bei Naturfasern kein Mikroplastik, denn sie bestehen schließlich aus Holz.

„Lyocell besitzt einen seidigen Griff. Stoffe aus der Faser sind ganz fein und luftig", sagt Modeexpertin Silies. Außerdem sei das Material hautfreundlich und atmungsaktiv. Ähnliches gelte für Modal und Viskose.

Wolle

„Wolle ist die perfekte Funktionsfaser. Sie ist temperaturausgleichend und nimmt einen Großteil ihres Gewichts an Feuchtigkeit auf, ohne sich nass anzufühlen. Wenn die Umgebung trocken ist, wird Feuchtigkeit nach außen abgegeben", erklärt Silies. Im Winter halte Kleidung aus Wolle warm und habe eine kühlende Funktion im Sommer. Außerdem sei die Faser schmutzabweisend.

Deshalb muss Wolle selten gewaschen werden, was Wasser und Energie spart. Schafe grasen zudem auch hierzulande. Wolle lässt sich also regional produzieren, wächst nach und ist biologisch abbaubar.

Ein Manko jedoch: „Schafe stoßen als Wiederkäuer klimaschädliches Methan aus", informiert Glore in seinem Materiallexikon. Positiv dagegen ist, dass Wolle „gut anfärbbar" sei, weshalb nur geringe Mengen von Farbstoffen nötig seien.

Tierschutz­organisationen wie der Tierschutzbund kritisieren allerdings, wie etwa mit vielen Merinoschafen in Australien umgegangen werde. Damit Ungeziefer sich nicht in den Genitalhautfalten der Tiere einnisten könne, würden diese mit einer speziellen Schere entfernt. Für die Tiere gebe es weder Betäubung noch Nachbehandlung der Wunden. In Deutschland sei das sogenannte „mulesing" verboten.

Das Verbraucherportal Codecheck rät, bevorzugt Wollprodukte aus Europa zu kaufen und darauf zu achten, dass sie aus „kontrolliert biologischer Tierhaltung" (kbT) stammen. Auch Textilsiegel können Aufschluss darüber geben, wie artgerecht die Tiere gehalten wurden, aus deren Wolle der neue Pullover gestrickt ist.

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