Donnerstag 07. April 2016 18:25
250 Jahre jung: Der Wiener Prater zwischen Tradition, Moderne und Erholung Gestaltung: Christoph Dirnbacher und Sandra Knopp
Wenige Hauptstädte in der Welt dürfen so ein Ding aufzuweisen haben wie wir unseren Prater. Ist es ein Park? "Nein." Ein Wald? "Nein." Eine Lustanstalt? "Nein." Was denn? Alles zusammen. So beschrieb der österreichische Schriftsteller Adalbert Stifter den Wiener Prater.
Wurstel und WürstelDer Vergnügungspark, auch "Wurstelprater" genannt, muss sich stetig erneuern, um für die Besucher attraktiv zu bleiben. Seinen Namen hat er vom Hanswurst, einer bäuerlich-derben Figur, die bereits im 16. Jahrhundert auf den Bühnen auftaucht. Erst später wurde daraus der Liebling der Kinder: Kasperl. Im Prater führen heute 80 Unternehmerfamilien 120 Betriebe. Viele Familien sind schon seit Generationen im Prater verankert. Ähnlich wie bei Aristokraten, war es lange Zeit üblich untereinander zu heiraten, weswegen von "Praterdynastien" gesprochen wird. Die Traditionsbetriebe investieren regelmäßig in die Erneuerung ihrer Fahrgeschäfte, in Ringelspiele, Geisterbahnen & Co. Auch die Gastronomie darf nicht zu kurz kommen. Schnitzel, Stelze und Langos sind untrennbar mit dem Prater verknüpft. Doch es gibt auch neue Gaumenfreuden: Im April eröffnete im Prater das Roller-Coaster-Restaurant. Speisen und Getränke kommen über Achterbahnschienen und Loopings zu den Gästen. Roboter fungieren als Servicepersonal und Cocktailmixer.
Innovation trifft TraditionDoch Nostalgie alleine genügt nicht, um Besucher aus dem In- und Ausland anzulocken. Es braucht auch Innovation: Pro Pratersaison kommen drei bis fünf Attraktionen hinzu, die Investitionen gehen in die Millionenhöhe. Ein weiterer Fokus liegt auf der Verlängerung der Pratersaison durch Events, wie Halloweenfeiern, Weihnachtsmarkt und den Silvesterpfad. Im Schnitt besuchen den Prater pro Saison 4,2 Millionen Menschen. Im Jubiläumsjahr sollen es sogar sechs Millionen werden. Im Jubiläumsjahr werden auch die Gondeln des Riesenrades erneuert und die Werbung intensiviert. Genügt das, damit der Prater die nächsten 250 Jahre überdauert? Doch bei all dem Trubel rund um Riesenrad, Geisterbahn und Kettenkarussell gerät in Vergessenheit, dass der Prater auch ein Lebens- und Erholungsraum ist. Noch immer finden im Prater viele Erstkommunionen und Firmungen statt. Der Grüne Prater, der den Vergnügungspark einschließt ist zudem ein Revier der Jogger, Spaziergänger und Fahrradfahrer. Das Praterareal hat somit auch eine wichtige soziologische Funktion für die Großstadt Wien. Neben Erholung und Vergnügen ist auch die Wissenschaft fest im Prater verankert, denn dort steht Österreichs einziger Forschungsreaktor.
Gestaltung: Christoph Dirnbacher , Sandra Knopp · zur Sendereihe