Descartes, Galilei und Newton begründeten mit der modernen Naturwissenschaft eine unglaubliche Erfolgsgeschichte. Der Philosoph und Theologe Descartes unterschied zwischen Geistigem und Materiellem, und Galilei beschränkte die naturwissenschaftliche Forschung auf das Messbare, also Materielle - ohne aber deswegen das Geistige zu leugnen - und setzte außerdem an die Stelle der Wirklichkeit das Experiment - d.h. einen willkürlich festzusetzenden, enorm vereinfachten Ausschnitt der Wirklichkeit, der so in der Natur gar nicht vorkommt.
Von dieser anfänglichen Intention her gesehen ist die derzeit vorherrschende Weltanschauung - die sich vorwiegend auf die Naturwissenschaft beruft - nur eine Degeneration der ursprünglichen Zielsetzungen der Begründer dieser Wissenschaft. Aus der ursprünglichen Unterscheidung zwischen Geistigem und Materiellem (Descartes) ist später eine Trennung dieser Bereiche geworden, und zuletzt wurde daraus - unter völlig falscher Berufung auf die Naturwissenschaft, die darüber gar keine Aussage treffen kann - eine totale Leugnung des nicht-materiellen Anteils der Welt und des Menschen.
Diese Trennung ist eine Illusion und die Leugnung des Seelisch-Geistigen eine Amputation des Wesentlichen. Wir gehen von der Ganzheit des Menschen und der Wirklichkeit aus, wir müssen zwar unterscheiden, um Wirklichkeit beschreiben zu können und klarer zu sehen, aber im Bewusstsein, dass Wirklichkeit immer das Ganze ist.
Die experimentierende Naturwissenschaft hat enorme Erfolge aufzuweisen, die absolut anzuerkennen sind; aber es wäre naiv und im wahrsten Sinne des Wortes einfältig (und im eigentlichen Sinne auch unwissenschaftlich), ihr Betätigungsfeld für die Wirklichkeit zu halten. Sie ist auch nicht die einzige Möglichkeit des Menschen, Wissen zu erwerben. Es gibt die Geisteswissenschaften, es gibt die Philosophie, es gibt andere Weltbilder, wie eben auch im Yoga, die ebenso berechtigt sind, sich erfolgreich mit Wirklichkeit auseinanderzusetzen.
Naturwissenschaft ist eine Methode, die Materie zu erklären, wurde aber dazu missbraucht, das Nicht-Materielle zu leugnen und zu verdrängen. Damit ist dieses Weltbild in der Allgemeinheit und bei vielen (nicht allen) Wissenschaftlern zur Ideologie verkommen, die vorgibt, alles erklären zu können. Es ist durchaus berechtigt, sich methodisch auf eine bestimmte Ebene zu beschränken, aber deshalb allen anderen Ebenen jede Wirklichkeit abzusprechen, ist „immer ein wenig wie der Schwanz, der die Existenz des Hundes leugnet" (Ken Wilber).
Naturwissenschaft ist durch das Herauslösen des für alle Menschen in gleicher Weise beschreibbaren Teils der Wirklichkeit aus der Gesamtwirklichkeit entstanden. Dieser Bereich ist die Materie in Raum und Zeit, und das für alle Geltende nennen wir „Naturgesetze". Zu diesen Naturgesetzen führt aber kein logischer Weg, sondern nur die durch Intuition geleitete Anschauung (Albert Einstein). Die Naturwissenschaft beruht somit auf dem, was man heute vorschnell glaubt leugnen zu müssen!
Die Naturgesetze sind menschliche Konstrukte, wir können sie aber nicht beweisen (Herbert Pietschmann). Beweisen kann man nur die Sätze der formalen Logik, insbesondere der Mathematik. Naturgesetze sind jedoch verlässlich, weil sie im Experiment nicht widerlegt wurden. Auch Experimente können nichts beweisen, sondern nur falsche Theorien ausscheiden. Unser Vertrauen in die Naturgesetze, so der Physiker Pietschmann, kommt einem Akt des Glaubens sehr nahe.
Naturwissenschaft erforscht das für alle in gleicher Weise Gültige, das Einmalige ist damit nicht erfassbar. In der Natur ist jedoch genau genommen alles einmalig. Daraus wird klar, dass man das, was die naturwissenschaftliche Methode ausschließt, nicht einfach leugnen und alles auf die Spielwiese der Naturwissenschaft reduzieren kann. Im Gegenteil sind die für uns Menschen wichtigen Fragen naturwissenschaftlich nicht einmal zu stellen. Am klarsten hat das Wittgenstein formuliert: „Wir fühlen, dass selbst wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind."
Alles, was wir naturwissenschaftlich über den Menschen je herausbekommen können, kann niemals den Menschen als Ganzes erklären. So wie die Biochemie des Gehirns nicht geleugnet werden kann, kann auch das Bewusstsein oder das Leben nicht geleugnet oder auf biochemische Vorgänge reduziert werden. Was naturwissenschaftlich nicht erfasst werden kann, ist deswegen nicht gleich „unwirklich". Ein materielles Korrelat zu finden heißt nicht, ein Phänomen materiell erklären zu können.Die großen Fragen der Menschheit einfach ad acta zu legen, wäre eine Falle, in die wir nicht unbedingt gehen sollten.
1.Naturwissenschaft ist Reduktion der Wirklichkeit auf die materielle Ebene, auf Materie in Raum und Zeit
2.mit der Methode des Experiments, d.h. einer vereinfachten, isolierten Situation, die so in der Natur nicht vorkommt,
3.zur Modellbildung, wobei das wissenschaftliche Modell nichts mit der Natur zu tun hat, außer dass die Voraussagen der Theorie jederzeit an der Natur (im Experiment) geprüft werden müssen,
4.denn zu den Naturgesetzen führt nur die auf Beobachtung beruhende Intuition (Albert Einstein).