In Hellersdorf und Pankow liegen die Hochburgen der AfD. Hier wählte jeder Dritte die Partei. Wir waren dort.
Der junge Mann - Bürstenschnitt, Arbeitsbekleidung, Gärtner von Beruf - habe nichts gegen Ausländer, sagt er. "Viele sind nett, man kann mit ihnen auch befreundet sein", sagt er. Am Sonntag hat er dennoch AfD gewählt. "Damit sich was ändert, vor allem in der Flüchtlingspolitik."
Wir stehen an der Landsberger Allee. Die Plattenbauten hier sind saniert, viele bunt angestrichen. Es ist der Kiez rund um die Pusteblume-Grundschule, die sich an der Hellersdorfer Kastanienallee 61 befindet und am Sonntag das Wahllokal mit der Nummer 313 war. Dort hat die AfD ihr zweitbestes Berlin-Ergebnis geholt. 34,2 Prozent der Wähler haben sich dort für sie entschieden. Noch mehr waren es nur in der Pankower Stadtrandsiedlung Blankenfelde, zwischen Birnbaumring und Gurkensteig. Dort haben 37 Prozent der Wähler die AfD angekreuzt.
Der 27-Jährige, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, ist in Hellersdorf groß geworden. Jetzt geht sein siebenjähriger Sohn hier zur Schule. Es könne einfach nicht sein, dass immer mehr Ausländer nach Deutschland kämen, sagt er. "Wir gehen arbeiten und müssen zusehen, wie wir mit dem Rücken an die Wand kommen. Die Flüchtlinge bekommen alles umsonst." Das klingt bitter und sehr absolut. Die AfD sei "vielleicht ein bisschen rechts", so der Gärtner. Aber Recht und Gesetz müssten doch für alle gelten. Wenn er was stehlen würde, würde er bestraft werden. Den Flüchtlingen würde das nachgesehen, sagt er.
Auch Paul Kluge (22), Einzelhandelskaufmann, hat AfD gewählt. "Es geht um die Flüchtlinge, wir müssen das endlich in den Griff bekommen, den Zuzug kontrollieren", sagt er. Außerdem würden viele sich nicht genügend integrieren. "Die sind hier und machen einfach nichts." Dabei würden sie alles bekommen. "Das Ausländerwohnheim hier in der Nähe ist besser ausgestattet als viele der Wohnungen", sagt Kluge. "Mit Einbauherd und allem drum und dran." Er plädiert dafür, die Flüchtlinge einige Zeit genau zu beobachten. Das erwarte er jetzt von der AfD. "Wer arbeitet und sich anpasst, der sollte bleiben können."
Kluge ist munter und aufgeschlossen, anders als die meisten Hellersdorfer, die an diesem Montagvormittag zwischen Supermärkten, Sparkasse, Apotheke und Grill-Bar unterwegs sind. Sie wirken, als trügen sie eine zentnerschwere Last auf den Schultern, sehen müde aus, in sich gekehrt. Der Nieselregen tut ein Übriges.
Nadine (35) ist eine von ihnen. Sie kommt mit ihrer 18-jährigen Tochter und dem einjährigen Enkelsohn gerade vom Einkaufen. Sie habe nicht gewählt, sagt sie, weil sie keine Hoffnung mehr habe, dass sich etwas ändert. "Meine Tochter findet keine bezahlbare Wohnung mehr. Wir müssen wohl nach Mecklenburg-Vorpommern ziehen." Dass so viele AfD gewählt haben in ihrem Kiez, wundert sie nicht. "Wer hier Hartz IV bekommt, hat doch weniger, als die Flüchtlinge bekommen."
Auch Arzthelferin Constanze (33) kann sich nicht erklären, woher plötzlich das viele Geld für die Flüchtlinge gekommen sei. "Uns wurde jahrelang gesagt, dass wir überall sparen müssen, und jetzt ist auf einmal Geld da." Das sei schon merkwürdig. Sie fordert, dass zuerst den Einheimischen geholfen wird. Sie habe zwei Kinder und wisse, was in den Schulen los sei. "Da muss viel mehr Geld hineingesteckt werden." Von der AfD erhofft sich Constanze nun eine bessere Familienpolitik.
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