Eine Viertelstunde dauert die Fahrt vom Kudamm zum Grunewaldsee. Im Forsthaus Paulsborn fühlt sich Berlin an wie das Dorf, das es einst war.
Es regnet. Der Weg durch den Grunewald zum Forsthaus Paulsborn ist nass und voller Pfützen. Ich ziehe mir die Schuhe aus und laufe barfuß über den Schotter, manchmal auch durchs nasse Gras. Es riecht nach Pilzen und feuchtem Laub - Waldgeruch. Ich atme tief ein und bin plötzlich ganz weit weg - im brandenburgischen Wald meiner Kindheit, der sommers oft unser Spielplatz war. Ferienstimmung überkommt mich. Dass mein Büro nur 15 Busminuten entfernt ist, spielt keine Rolle mehr: Ich bin auf dem Land. Es ist Sommer. Die laute, stickige Stadt ist weit weg.
Der Regen sorgt dafür, dass ich an diesem Nachmittag fast allein im Wald unterwegs bin. Zwei durchnässte Spaziergängerinnen sind die einzigen, die ich treffe. Barfuß, in der einen Hand meine Reisetasche, in der anderen einen Regenschirm, komme ich nur langsam voran. Von der Bushaltestelle Clayallee/Ecke Königin-Luise-Straße bis zum Forsthaus brauche ich zwanzig Minuten.
Zunächst erreiche ich das Jagdschloss Grunewald. Dort schließen sie gegen 18 Uhr gerade den Museumsshop, zu dem auch eine Gaststätte gehört. Ich überquere den gepflasterten Innenhof und fühle mich zurückversetzt in jene Zeit, als Berlin noch fast ein Dorf und am Brandenburger Tor zu Ende war. Damals, zu Beginn des 18. Jahrhunderts, ließ Friedrich I., der erste König in Preußen, das 1524 erbaute Renaissance-Schloss umbauen und zu einem Jagdschloss erweitern. 1708 war die barocke Gestaltung des Gebäudes abgeschlossen.
Heute ist das Jagdschloss Grunewald der älteste erhaltene Schlossbau Berlins. Von dort führt eine mit alten Eichen gesäumte Kopfsteinpflasterallee direkt zum Forsthaus Paulsborn. Barfuß brauche ich für diesen Weg etwa sieben Minuten. Das Anwesen ist von einem hölzernen Lattenzaun umgeben. Vor dem Haus macht sich ein Biergarten breit, überdacht von Linden- und Kastanienbäumen, mit Blick auf den Grunewaldsee.
1871 weihte Kaiser Wilhelm I. dort ein Gasthaus ein, 1905 erhielt Paulsborn den heute noch bestehenden Gaststättenbau in prächtiger Neurenaissance, mit vielen Anspielungen auf das Jagdschloss. Gern quartierte der Kaiser seine Jagdgesellschaften im Paulsborn ein. Selbst wenn sie im Jagdschloss vorher ordentlich getrunken haben sollten, dürften die Jäger den Weg dorthin ohne größere Probleme gefunden haben. Von Haus zu Haus geht es einfach nur geradeaus.
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