Bisher waren Tablets ein Spielplatz der freien Privatwirtschaft, jetzt steigen staatliche Institutionen im großen Stil in die Branche ein. Berichten zufolge arbeitet das russische Militär an seiner eigenen Version eines Android-Tablets. Dieses soll die Funktionalität von Googles Mobile-OS besitzen - für die Privatsphären-Problematik haben die Russen aber eigene Pläne.
Mit der freien Marktwirtschaft ist das ja in autokratisch geführten Nationen so eine Sache: Einerseits nimmt man natürlich gern die Steuergelder und Wirtschaftskraft, die große Konzerne in Nationen wie China und Russland generieren. Wenn dann andererseits Kleinigkeiten wie der Schutz der Menschenrechte und Privatsphäre Thema sind, lässt man sich von außen aber nicht so gerne reinreden. Wenn es dann sogar um die Produktion von Ausrüstungsgegenständen für das Militär und staatliche Behörden geht, nimmt man es wiederum ganz genau. So wie Russland beim Thema Tablets.
Denn die russischen Behörden wollen ihre Mitarbeiter ins 21. Jahrhundert bringen und großflächig mit Tablet-Computern ausstatten. Dabei setzt man auf Googles Android-System - zumindest grundsätzlich. Denn einem amerikanischen Konzern wie Google, der davon lebt, dass seine Nutzer ihm mehr oder weniger bewusst intimste Details ihrer Privatsphäre und andere pikante Geheimnisse anvertrauen, will man natürlich nicht die Ausstattung des russischen Militärs anvertrauen. Von Geheimnissen und Geheimhaltung halten die Russen nämlich nach wie vor recht viel.
Das Tablet, welches gerade von einem Team des „National Research Nuclear University Techno Park" entwickelt wird, wird RoMOS heißen. Laut der Aussage des zuständigen Chef-Entwicklers Andrei Starikovsky wird RoMOS alle funktionalen Kapazitäten des Android-Systems haben, aber keine der versteckten Funktionen, die private Daten an Googles Hauptquartier senden. Logisch, dass das russische Militär nicht möchte, dass potentiell vertrauliche Information auf US-Servern gespeichert werden, wo sie den amerikanischen Behörden in die Hände fallen könnten.
Mütterchen Russland setzt bei der Fertigung zumindest teilweise auf Heimarbeit: So wird das Tablet in Russland zusammengebaut - auch wenn viele Einzelkomponenten trotzdem international hergestellt werden. Die komplette Fertigungskette daheim zu erledigen, wäre dann wohl doch zu aufwändig. Das fertige Produkt soll 15.000 Rubel (ungefähr 365 Euro) kosten und gegen Ende des Jahres auf dem russischen Markt erhältlich sein. Neben einer Konsumenten-Version wird es auch eine militärische Variante von RoMOS geben, denn der größte Abnehmer für dieses Gerät wird wohl das russische Verteidigungsministerium sein. Diese militärische Ausgabe des Tablets soll, im Gegensatz zur Konsumentenversion, zusätzlich sowohl stoßfest als auch wasserdicht sein. Apps sollen die Kunden von einem speziellen RoMOS-Markt herunterladen können ... der vermutlich noch einmal ein gutes Stück zensierter sein wird als der Google Play Store.
Wir sind gespannt, was die Russen da so zusammenschrauben werden. Auf dem Papier klingt ein wasser- und stoßfestes Android-Tablet, das völlig von Googles Datensammlungsambitionen befreit ist, eigentlich recht verlockend - wobei es am Markt genug Geräte ohne Google-Lizenz gibt, die lediglich AOSP-Android verwenden. Trotzdem könnte es, entsprechende Webemaßnahmen vorausgesetzt, auch etliche Interessenten in unseren westlichen Breitengraden haben, schließlich wird Googles Speicherungswahn nicht nur jenseits der Wolga durchaus kritisch beäugt.
Wer weiß, vielleicht gibt es demnächst auch bei uns einen Schwarzmarkt für russische Militär-Tablets ...
Basis für die Fotomontage: Gutsul / Wikipedia ( cc)
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