Es ist ein neues Kapitel in der unendlichen Geschichte der Patentklagen: Nachdem sich Apple, Samsung und Microsoft seit Jahren gegenseitig verklagen, könnte sich der Streit um Patentrechte im Mobile-Bereich jetzt endgültig zum Krieg zwischen den beiden Branchengiganten Apple und Google ausweiten. Denn Google hat nun über seine frisch übernommene Tochterfirma Motorola Klage gegen Apple eingereicht - und die könnte für das iPhone-Imperium zum Riesenproblem werden.
Kaum ein Tag vergeht ohne eine weitere News über gerichtliche Auseinandersetzung, durchgesetzte Verkaufsstops, ausgesetzte Verkaufsstops, neue Patentverletzungen, gerichtliche Anhörungen und so weiter. Die Rechtsabteilungen in großen Technologieunternehmen dürften derzeit Überstunden schieben, denn die Branche geht sich momentan richtig an die Gurgel. Besonders die Auseinandersetzung Apple gegen Samsung machte in den vergangenen Wochen und Monaten eine Menge Schlagzeilen. Apple warf Samsung vor, Design und Software des iPhone und iPad kopiert zu haben und verlangte dafür über 2,5 Milliarden Dollar (rund 2,0 Mrd. Euro) Schadenersatz. Samsung schlug zurück und bezichtigte Apple im Gegenzug, mehrere technische Patente verletzt zu haben. Eine Entscheidung ist in dieser Schlacht immer noch nicht gefallen, auch wenn sie wohl unmittelbar bevorsteht.
Jetzt darf sich Apple aber auf einen Zwei-Frontenkrieg einstellen: Denn nun hat sich auch Google zum ersten Mal mit Apple angelegt. Grund ist Googles Übernahme des Mobilfunkveteranen Motorola, der in seiner langen Existenz ein Arsenal von rund 17 000 Patenten angehäuft hat. Und Google hat jetzt offenbar beschlossen, seine neugekauften Waffen zu nutzen, zurück zuschlagen und sich die Klageschikane ihrer Hardwarepartner durch Apple nicht mehr länger gefallen zu lassen. Über Motorola hat Google am vergangenen Freitag bei der US-Handelskommission ITC eine Klage gegen Apple wegen der Verletzung von sieben Patentrechten eingereicht. In den Patenten geht es unter anderem um E-Mail-Benachrichtigungen und die Videoabspiel-Funktion. Die Forderung der Googlianer ist happig: Das Unternehmen verlangt einen US-Verkaufsstop für den iPod Touch, das iPhone 3GS, 4 und 4S, das iPad 2 & 3, außerdem den Mac Pro, iMac, Mac mini, MacBook Pro und MacBook Air und außerdem aller Apple-Geräte, die „drahtlose Kommunikationstechnologie benutzen, um verschiedene Nachrichten und Inhalte zu verwalten". Also kurz gesagt: Nahezu das komplette Apple-Sortiment.
Theoretisch droht Apple hier ein Katastrophenszenario - denn sollte die ITC zustimmen, dürfte Apple in den USA seine Geräte nicht mehr in den Handel bringen, bis der Streit juristisch beigelegt ist. Das kann Monate bis Jahre dauern, während derer Apple im größten Absatzmarkt der Welt quasi keine Geräte mehr verkaufen dürfte. Sowas steckt selbst die wertvollste Marke der Welt nicht einfach so weg. Das es aber tatsächlich soweit kommt, ist unwahrscheinlich.
Dennoch, Apple könnte mit seiner aggressiven Klagepolitik jetzt also das geschafft haben, was sie bisher eigentlich vermeiden wollten - den schlafenden Giganten Google zu wecken, der für bittere juristische Auseinandersetzungen bestens gerüstet ist. Angekündigt hat sich diese Eskalation schon länger: In der im vergangenen Jahr erschienen Biografie von Apple-Gründer Steve Jobs war zu lesen, dass dieser Android als direkte Kopie von Apples iOS ansah und Google dafür zur Rechenschaft ziehen wollte. Er entschied sich jedoch, nicht Google direkt anzugreifen, sondern einzelne Geräte-Hersteller wie Motorola oder Samsung. Nachdem Motorola jetzt aber zu Google gehört, ist der Krieg zwischen den beiden Giganten wohl endgültig entbrannt. Eine Entscheidung ist noch in weiter Ferne, aber das nächste Kapitel im Krieg der Patente folgt sicher bald.
[via xda-developers]
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