Kalifornischen Forschern ist es gelungen, das Leben von Mäusen deutlich zu verlängern. Mit Hilfe von vier Genen kehrten sie die Alterungsvorgänge in den Zellen um - ein möglicher Meilenstein.
Der Traum von der ewigen Jugend ist so alt, wie ein Hit der deutschen Synthie-Pop-Formation Alphaville, also etwa 30 Jahre. Na gut, vielleicht sind es auch auch ein paar tausend Jahre mehr. Doch kaum ein popkulturelles Artefakt hat die Sehnsucht des Menschen, in nichtendender Blüte zu leben, so pointiert (und massentauglich) formuliert, wie die Münsteraner: „Forever young, I want to be forever young."
Das war 1984. Wenn es nach Wissenschaftlern des Salk Institute in La Jolla, Kalifornien, geht, wird es keine weiteren 30 Jahre dauern, bis wir diesem Traum einen beachtlichen Schritt näher sind. Das Team um Juan Carlos Izpisua Belmonte hat es geschafft, die Körper von Mäusen zu verjüngen und ihre Leben zu verlängern. Belmonte erklärte dem „Guardian": „Unsere Studie zeigt, dass Altern nicht unbedingt in eine Richtung verlaufen muss. Mit vorsichtigen Eingriffen lässt sich das Altern vielleicht umkehren."
Die Zellen wurden verjüngt - wohldosiert
In der Studie, die im Fachjournal „Cell" veröffentlicht worden ist, setzten die Wissenschaftler eine Variante der zellulären Reprogrammierung ein, um das Genom von Mäusen gezielt zu manipulieren. Sie behandelten gesunde Tiere und solche, die unter Progerie leiden, also vorzeitig altern. Dabei arbeiteten Belmonte und seine Kollegen mit einer Technik, die der Japaner Shinya Yamanaka vor zehn Jahren erstmals vorstellte.
Yamanaka war es gelungen, Hautzellen in sogenannte induzierte pluripotente Stammzellen (iPS-Zellen) zurückzuverwandeln. Dafür führte er vier Gene (heute bekannt als Yamanaka-Faktoren) in die ausdifferenzierten Hautzellen ein. iPS-Zellen ähneln sehr stark embryonalen Stammzellen und können sich in praktisch jede Art von Zelle im Körper weiterentwickeln.
Die kalifornischen Forscher wollten nun die „Lebensuhr" der Zellen ein bisschen zurückdrehen, ohne, dass sie sich ganz zurückentwickeln. Daher dosierten sie die Wirkung der Yamanaka-Gene. Diese wurden immer dann aktiviert, wenn die Tiere Wasser tranken, dem das Antibiotikum Doxycyclin zugesetzt war. So behielten die Zellen ihre Funktion und verwandelten sich nicht in iPS-Zellen.
Längeres Leben, keine NebenwirkungenDie Prozedur hatte Erfolg. Kranke Mäuse, die so behandelt wurden, lebten im Schnitt 30 Prozent länger als eine Vergleichsgruppe aus kranken Mäusen, die nicht behandelt worden war. Nach der sechswöchigen Behandlung wirkten die Mäuse außerdem jünger, hatten geradere Rückgrate und waren in einem besseren Gesundheitszustand. Sie wurden also, kurz gesagt, verjüngt. Laut Belmonte das erste Mal, dass dieses durch zelluläre Reprogrammierung gelungen ist.
Auch die Mäuse, die nicht unter Progerie litten, profitierten von der Gen-Therapie. Ihr allgemeiner Gesundheitszustand verbesserte sich, wie die Analyse ihrer Organfunktionen zeigte.
Bei vorherigen Versuchen ergab sich häufig das Problem, dass sich die Zellen zu iPS-Zellen rückbildeten und so ihre Funktion im Organismus nicht mehr übernehmen konnten. Entsprechend tödlich war die Prozedur für die Tiere. Die Gen-Therapien gingen zum Teil auch mit erhöhten Krebsrisiken einher. Beides konnte in der aktuellen Studie vermieden werden. Die genauen Wirkmechanismen hinter dem Behandlungserfolg sind noch nicht bekannt, aber er macht Hoffnung.
Ein MIT-Wissenschaftler, der unabhängig von dem Forschungsprojekt des Salk Institute ist, bezeichnete die Resultate gegenüber der „New York Times" als „ziemlich beachtlich" und „ziemlich wichtig in der Geschichte der Erforschung des Alterns". Letzteres vorausgesetzt, die Ergebnisse ließen sich bestätigen.
Nächste Station: Unsterblichkeit?Die Frage ist nun natürlich, wie immer: Lässt sich das auch auf Menschen übertragen? Die Forscher räumen ein, dass es komplizierter sein wird, das Verfahren im menschlichen Organismus anzuwenden. Doch sie gehen davon aus, dass es innerhalb der nächsten zehn Jahre kontrollierte klinische Studien mit Menschen dazu geben könnte.
Unsterblichkeit zu ermöglichen, haben sich Belmonte und seine Kollegen allerdings ohnehin nicht auf die Fahnen geschrieben. „Wir glauben, dass dieser Ansatz nicht zur Unsterblichkeit führen wird. Wir werden wahrscheinlich immer noch an Grenzen stoßen, wenn es darum geht, das Altern vollständig umzukehren." Die Konzentration liege daher auf der Verlängerung des Lebens und im Speziellen eines gesunden Lebens.
„Young a bit longer" statt „Forever young" - dazu würden wir auch nicht nein sagen.