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Das Hotel The Retreat verschmilzt mit seiner Umgebung

Von weitem sieht man das Gebäude nicht, wenn man sich dem Hotel The Retreat an Islands Blauer Lagune nähert. Denn Basalt Architects aus Reykjavik haben den Neubau so behutsam mit Grindaviks historischem Lavafeld verschmolzen, dass sich der Baukörper erst aus der Nähe offenbart. Auch das Beleuchtungskonzept richtet sich nach der Natur, um dem phantastischen isländischen Licht nicht den Rang abzulaufen.

Bei der Anreise durch die kilometerlange zerklüftete schwarze Lavalandschaft der Halbinsel Reykjanes erblickt man als erstes die gewaltigen Dampfmassen, die aus dem Geothermalkraftwerk Svartsgenti aufsteigen. Mit diesem Kraftwerk, das seit den 1970er Jahren zur Stromerzeugung und zum Betrieb eines Fernwärmenetzes ein Gemisch von Meer- und Süßwasser aus 2000 Meter Tiefe nach oben pumpt, hat alles angefangen. Die Blaue Lagune ist sein Zufallsprodukt; ein künstlicher See, der sich aus dem in das Lavafeld gepumpten Brauchwasser speist. Waren Anfang der 1980er Jahre zunächst einige Isländer auf die Idee gekommen, ihrer jahrhundertealten Badekultur gemäß Entspannungsbäder in dem sauberen Thermalwasser zu nehmen, entwickelten Investoren die Blaue Lagune 1987 als touristischen Hotspot. Nicht nur das magisch leuchtende Blau des Wassers, sondern auch sein hoher, Hautkrankheiten lindernder Kieselsäuregehalt und weitere Mineralien locken seitdem ganze Heerscharen von Menschen aus aller Welt heran. Ein spontaner Besuch ist völlig ausgeschlossen, denn die Eintrittskarten müssen schon Tage zuvor online erworben werden.

Lavaformationen in den Neubau integriert

Die unüberschaubare Anzahl an Reisebussen auf dem offiziellen Parkplatz nahe des Thermalbad-Eingangs und des in früheren Jahren - ebenfalls von Basalt Architects Gründerin und heutiger Büropartnerin Sigríður Sigþórsdóttir - erbauten Silica-Hotels braucht den Gast des Retreat Hotels nicht zu interessieren. Er lässt sie buchstäblich links liegen, wenn er in die kleine Straße zu der versteckten Enklave einbiegt. Ein großzügig überdachter, zurückhaltend gestalteter und dezent mit Laser Blade-Einbaustrahlern beleuchteter Eingangsbereich empfängt ihn und leitet ihn unversehens in die geräumige Lobby und die rechts gelegene schlanke Rezeption. Von dort aus erschließen sich zwei im Süden und Westen auf unterschiedlichen Höhenniveaus in die Lava gebaute Zimmerflügel sowie - im Osten - ein auf dem höchsten Niveau der gesamten Anlage gelegenes Gourmetrestaurant und ein neuer Spa-Bereich, der seine Besucher bis zu drei Meter tief unter das Lavafeld führt.

Trotz der langwierigen Entwurfsphase, die von einer detaillierten geomorphologischen Analyse des 751 entstandenen Lavafelds begleitet worden war, erlebten die Architekten während der Erdarbeiten immer wieder Überraschungen. So stießen sie u.a. auf unerwartete Risse und auch auf spannende Lavaformationen, die zur Integration in die Innenwände des Neubaus inspirierten. Entsprechend mussten die Pläne ständig angepasst werden. Belohnt wurde der hohe Aufwand mit einem von der Blauen Lagune umflossenen Hotel- und Spa-Gebäude, das mit der Landschaft zu einer Einheit zu verschmelzen scheint.

Das Kunstlicht verneigt sich vor den natürlichen Lichtszenen

Auch das Beleuchtungskonzept, das der Lichtplaner Guðjón L. Sigurðsson von Liska in Reykjavik für das Hotel entwickelt und mit Architekturlicht von iGuzzini und wenigen dekorativen Leuchten umgesetzt hat, fügt sich der Natur und ist außerdem auf das menschliche Wohlergehen ausgerichtet. Konzentrierte Lichtkegel aus kaum wahrnehmbaren Lichtquellen, kontrollierte Beleuchtungsstärken und Warm-Dimming-Technologie schaffen eine intime Atmosphäre, während Comfort- und Super Comfort-Optiken für besonders hohen Sehkomfort sorgen. In enger Abstimmung zwischen Liska, Studio Basalt und Design Group Italia wurde der Großteil der Architekturbeleuchtung in Architekturelemente oder Einrichtungsgegenstände eingebaut.

Beim Betreten eines der 56 Standardzimmer oder einer der fünf Junior-Suiten mit 40 resp. 60 Quadratmetern entfährt dem Gast ein Staunen, denn er schaut unmittelbar hinaus in die weitläufige, mit zartem Moos bekleidete Lava-Landschaft oder auf die schwarze Lavakante und die das Hotel umfließende Lagune. Die raumhohen Fenster der hochwertig in edler Moderne eingerichteten Zimmer liegen direkt dem Eingang gegenüber. Um die phantastischen Licht- und Farbspiele - insbesondere während der langanhaltenden Sonnenauf- und untergänge - nicht zu trüben, gibt es in den Räumen keine klassische Allgemeinbeleuchtung. Stattdessen finden sich nur dort, wo Kunstlicht wirklich benötigt wird, kleine Lichtpunkte. Ein einziger kleiner Laser-Strahler mit Warm-Dimming-Technologie ist oberhalb der frei im Raum stehenden Badewanne - auch hier schaut der Gast selbstverständlich in die Natur - in die Decke eingebaut. Im Kopfbereich des Bettes spendet eine Underscore-Lichtlinie Leselicht und derselbe Leuchtentypus wurde als sensorgesteuertes Orientierungslicht für die Nacht in den unteren Teil des Bettes integriert.

SoleLuna bringt Sonne und Mond in die Zimmer

Und wieder staunt der Gast, als das Zentrallicht eingeschaltet wird, denn er glaubt für einen Moment, an der Zimmerdecke die Sonne zu sehen. Mit ihrem atmosphärischen Unschärfeeffekt sieht die bernsteinfarben leuchtende, 1,2 Meter Durchmesser fassende Scheibe, die in die deckengreifende Akustikdecke eingebaut ist, dem Himmelskörper täuschend ähnlich. SoleLuna, diese besondere Leuchte, die sich übrigens am Abend in einen Mond verwandelt, haben die Architekten und Lichtplaner gemeinsam mit dem italienischen Premiumhersteller iGuzzini entwickelt, um biodynamische Effekte zu erzeugen. Derlei anregende oder beruhigende Effekte werden normalerweise vom Tageslicht hervorgerufen. Doch bei gerade mal vier Sonnenstunden in den Wintermonaten ist in Island nicht viel Wirkung zu erwarten.

Bei SoleLuna sind vier Programmierungen hinterlegt, in denen LED-Cluster mit den Farbtemperaturen Amber (2100 K, CRI 95), Neutralweiß (4000 K, CRI 90) und Kaltweiß (6000 K, CRI 90) gemischt werden, um natürliche dynamische Beleuchtungssituationen zu imitieren. Der Gast hat die Wahl, ob er bei einer Lichtstärke von etwa 50 Lux und einer sehr warmen Farbtemperatur entspannen oder bei 350 Lux ohne Amber-Komponente Energie tanken möchte. Bei der Programmierung Day erzeugt SoleLuna 120 Lux; bei Night wird die Amber-Komponente wiederum weggelassen und man erhält das fahle Licht des Mondes, dessen Krater im Übrigen durch das Ausschalten einiger LED imitiert werden. SoleLuna wird einfach über ein am Bett befindliches Panel gesteuert. Wer mit dem dynamischen Licht der Leuchte aufwachen möchte, kann einen solchen „Weckblick" an der Rezeption veranlassen. Dann wird zur gewünschten Tageszeit ein dynamischer, fünf Minuten währender Zyklus ausgelöst, der lautlos ein sanftes und allmähliches Aufwachen ermöglicht. Dabei steigt die Lichtintensität von 0 % auf 90 % an und die zu Anfang amberfarbene Farbtemperatur beträgt abschließend 5600 K. Nach solch einem traumhaften Start in den Tag kann sich der Gast auf die vielen Annehmlichkeiten des Hotels freuen und sich vom Frühstück in der Lobby über die Badefreuden im hoteleigenen Bereich der Blauen Lagune und den Aufenthalt im Spa bis zum noblen Abendessen im Restaurant Moss verwöhnen. Zwischendurch und am Abend erwartet ihn dann SoleLuna, um ihm die Portion Licht zu bescheren, nach der sein Biorhythmus gerade verlangt.

Bauherr Blue Lagoon, Grindavik

Architekt Basalt Architects, www.basalt.is

Beleuchtungskonzept Guðjón L. Sigurðsson, Liska, Reykjavik

Innenarchitektur Basalt Architects und Design Group Italia, Mailand

Leuchten iGuzzini, Recanati

Fotos: Gunnar Sverisson photographer für iGuzzini

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