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"Und plötzlich war ich kein Maler mehr."

Robert Irwin vor der Galerie Thomas Zander (Bild: Tamara Soliz)

Der Künstler Robert Irwin.
"Eigentlich darf ich das nicht", sagt Galerist Thomas Zander, grinst und verschwindet hinter einer Wand, an deren Vorderseite ein Lichtobjekt hängt, das aus mehreren Leuchtstoffröhren besteht. Manche der Röhren sind an, manche ausgeschaltet. Ein Schalter klickt leise, und schon hat sich die Lichtatmosphäre im ganzen Raum verändert. Nicht so, als habe nur jemand eine Lampe aus und wieder eingeschaltet; die ganze Stimmung in der Galerie ist eine andere. Das Rot ist wärmer geworden, die fast raumhohen grünen Leuchtstoffröhren daneben verändern ihre Wirkung. Dunkle Schatten zwischen den langen dünnen Farbzylindern trennen und verbinden zugleich. Aus der Wandinstallation, die der kalifornische Künstler Robert Irwin eigens für die Galerie Zander in der Schönhauser Straße konzipiert und installiert hat, ist durch den kleinen Druck auf den Schalter etwas Neues, Anderes geworden. Licht, Lichtfarbe und Schatten formen ein eigenes Werk. „Das soll aber keine Lichtorgel sein. Für die Objekte gibt es zwar bewusst unterschiedliche mögliche Schaltungen, aber man braucht Zeit, um die jeweilige Kombination auf sich wirken zu lassen", erklärt der Galerist, als er hinter der Wand zurückkommt. „Für die Ausstellung sind alle in den ‚Exhibition mode' geschaltet, den Robert Irwin festgelegt hat. Ich sollte das gleich nicht wiederholen, wenn er da ist." Als der inzwischen 88jährige Künstler dazu kommt, scheint wieder jemand einen Schalter umgelegt zu haben. Mit Baseballcap, einer extragroßen Cola im Pappbecher in der Hand und Arbeitsjeans ist es nicht seine Aufmachung, die die allgemeine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Es ist, wie bei seinen Objekten, die Ausstrahlung, die sofort den Raum füllt: Irwin steht da, blickt seinem Gegenüber ruhig in die Augen und erzählt mit leiser Stimme – seine ganz eigene Atmosphäre verbreitend und alle in den Bann ziehend.

Irwin ist einer jener ruhigeren Künstler, deren Name nicht jeder sofort kennt, und die doch in der Kunstwelt einen fulminanten Ruf haben. In den USA zählt er zu den begehrtesten Künstlern der Gegenwart. Die Museen dort reißen sich um seine Werke. Als Pionier und Vorbild der „Light and Space-Bewegung", die in den 1960er Jahren damit begann, Räume mit Hilfe von Licht, aber auch mit Glas, Kunstharzen und Folien zu beschreiben, ist ihm ein Platz in der Kunstgeschichte der Moderne seit vielen Jahren sicher.

In verschiedensten Techniken hat Robert Irwin ausprobiert, was Kunst leisten und welchen Einfluss sie auf ihr Umfeld ausüben kann. Dabei hinterfragt er auch sich selbst fortwährend – was nicht nur einmal dazu führte, dass sich der Künstler von einer gewählten Ausdrucksform wieder verabschieden musste. Begonnen hatte Robert Irwin seine Karriere nämlich 1959 ganz konventionell als Maler. Dass aber ein zweidimensionales Bild zwangsläufig an seinen Rändern enden muss, störte ihn schon immer. Er begann deshalb zunächst damit, nur noch diese Ränder seiner Leinwände zu bemalen, bevor er dann seine Werke über den Rahmen hinaus, in die Umgebung erweiterte. Da Objekt und Umgebung für ihn zusammengehören, zog Irwin die für ihn resultierende logische Konsequenz - die Malerei war für ihn unzulänglich geworden, und er ließ sie hinter sich: „Und plötzlich", erzählt er lachend in seiner Kölner Ausstellung, „war ich kein Maler mehr."

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Montag, 19. Mai 2014 | Text: Nora Koldehoff 

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