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Silvesternacht in Köln – und keiner hat den Durchblick

Sie kamen zum Feiern nach Köln, wollten ausgelassen das neue Jahr begrüßen. Doch der Silvesterabend endete für zahlreiche Frauen in einem Alptraum. Am Kölner Hauptbahnhof wurden sie sexuell belästigt und bestohlen. Stand gestern Mittag gingen bei der Polizei bisher 121 Strafanzeigen ein, 16 Verdächtige haben die Beamten schon ausfindig gemacht. Politiker weltweit reagierten schockiert und kündigten sofortige Maßnahmen an, während das Netz komplett durchdreht. Wir fassen für Euch zusammen, was in der Woche nach der Silvesternacht geschehen ist.

Raub, Vergewaltigung, Belästigung

In der Silvesternacht haben sich wohl etwa 1.000 Männer am Kölner Hauptbahnhof aufgehalten. Deren Herkunft ist großes Thema, mal sollen sie aus nordafrikanischen Staaten stammen, mal sollen es Flüchtlinge aus Syrien sein. Aus dieser Masse heraus sollen sich kleinere Gruppen gebildet haben. Und die hätten vorbeigehende Frauen umzingelt, angefasst oder ausgeraubt, sagten Betroffene. Zwei Vergewaltigungen sind angezeigt, 50 Frauen gaben an, beraubt worden zu sein. Schreckliche Szenen, die sich hier in Köln, meiner doch so weltoffenen und herzlichen Heimatstadt, abgespielt haben sollen.

Doch es kommt noch schlimmer: Die Polizei hat am Neujahrstag eine Pressemitteilung versendet, alles sei reibungslos und ohne große Zwischenfälle verlaufen. Diese Bilanzen sind Journalisten gewohnt, nach jeder größeren Veranstaltung fassen die Behörden die Lage zusammen. Von den Übergriffen, die alles andere als eine Kleinigkeit sind, wurde nichts erwähnt. Erst in den kommenden Tagen wurde langsam das ganze Ausmaß bekannt. Am Donnerstag gab es dann Berichte, Dutzende Männer seien in der Silvesternacht vorübergehend festgenommen worden. Warum aber hat die Polizei nicht eingegriffen? Wie konnte die Situation so eskalieren? Wer sind die Täter?

Fragen, auf die wir noch keine Antwort haben. Der Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers steht in der Kritik. Schon in der Vergangenheit musste er eingestehen, Einsatzlagen falsch eingeschätzt zu haben. Ein Beispiel sind die Hogesa-Krawalle vor zwei Jahren, ebenfalls am Kölner Hauptbahnhof. Mittlerweile werden Rücktrittsforderungen laut, Albers lehnte einen Rückzug aber ab. Statt dessen hat die Polizei nun angekündigt, gar keine Informationen mehr zu den Geschehnissen in der Silvesternacht herauszugeben. Man werde nur noch an das zuständige Innenministerium berichten.

Keine Fakten, aber eine wilde Diskussion

Der Kölner Hauptbahnhof – an Silvester ein rechtsfreier Raum? Für die Internetgemeinde scheint das schon festzustehen. Dabei sind nur wenige Fakten bekannt, und doch tobt eine hitzige Debatte in den sozialen Netzwerken. Besonders aufbrausend ist die Diskussion auf Twitter. Als Gerüchte laut werden, Flüchtlinge könnten sich unter den Tätern befinden, fallen alle Hemmungen: Rechte Parolen werden ausgekramt und mit den Vorfällen in Köln in Verbindung gebracht. Das ZDF hat viele der Kommentare analysiert, ein Großteil der Autoren kann demnach dem rechten Sektor zugeordnet werden.

Beschämend. Sowohl die Taten an sich, als auch die Diskussionen in den sozialen Medien.

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