Die Eagles of Death Metal werden auf alle Zeiten diejenigen sein, die davonkamen im November 2015, sie waren diejenigen, die im Bataclan in Paris spielten, in dem 89 Menschen durch die Hände der Terroristen umkamen. Danach verstieg sich der Sänger Jesse Hughes, der die Band mit dem noch prominenteren Josh Homme von Kyuss vor fast zwanzig Jahren gründete, zur These, wenn er doch nur eine Waffe hätte tragen dürfen, wären nicht so viele Menschen umgekommen. Der Rock & Roll, zumal der dieser Band, hat noch Geduld für Heldenerzählungen. Die Wahrheit ist aber wohl: Jesse Hughes isst nach sechs keine Kohlenhydrate mehr, so durchtrainiert schaut er noch aus. Schon dieser Auftritt: Roter Bomberblouson, weiß-schwarz gestreiftes Unterhemd darunter, Hosenträger. Dieser unfassbare Schnauzbart, der aus jedem Germanistikprofessor mit Hölderlin-Expertise einen Hardcore-Proll machen kann.
Es wird viel in die Luft gevögelt, Hughes lobt selbstverständlich die „pretty Ladies" in Frankfurt, die ansonsten höchstens in Toronto und Montreal noch so schön seien. Auf Videos bei Youtube ist nahezu jede dieser Ansagen und Szenen bei jahrealten Konzerten schon zu finden. Die Jacke, das Kämmen des Bartes, die Predigten, die „Ladies". Und natürlich ist das hier eines der besten Konzerte der Tour.
„Fuck all the complexities." So geht es in den Höhepunkt „Complexity", der eigentlich von Hughes' Nebenprojekt Boots Electric kommt, hier: ganz egal. Nach dem regulären Set, nachdem die Band lächerlich lange bitten ließ um eine Zugabe, kommt Hughes alleine heraus, in neuem T-Shirt, er spielt jetzt auf Zuruf Classic-Rock-Hits, dieses Konzert und diese Band als große Jukebox, das passt. Es ist ein Blick zurück, eine sehr spaßige, weil auch sehr selbstironische Geschichte. Und so sehr man vorher auch denken konnte, die simple Ästhetik und die etwas rückwärtsgedachten politischen Ansichten Hughes', der Trump unterstützt und gegen Abtreibungen ist, ergäben rundum abzulehnenden Trash - das hier ist groß an diesem Abend in der Batschkapp.
Und Hughes weniger ernsthaft, als es zu befürchteten war. Dieser seltsame Imperativ, nun gefälligst gegen den Terror Spaß haben zu müssen, wird gottseidank nicht wieder bemüht. Dass die Politik weit weg ist, ist gut. Und das mittelalte Publikum sieht auch nicht danach aus, als könne es nicht Kunst und Politik trennen. Nur einmal, irgendwann, bricht dann doch der Ernst ins Spiel, Hughes: „Imagine me as the one who got away".
erschienen in der Frankfurter Rundschau, 31.8.2016.