Also, Thesenanschlag. Nummer Eins: Yung Lean ist das für den Rap, was Ronja von Rönne derzeit für die Literaturszene ist: Nächster großer Hype, beliebt bei jungen Menschen mit Zeit vor dem Spiegel und ein paar Etablierten an den Lautsprechern, aber substanzieller künstlerischer Beitrag? Eher noch nicht.
Nummer Zwei: Yung Lean ist im Gegensatz zum erzählerisch ausgeklügelten und auf Virtuosität setzenden HipHop Kendrick Lamars oder Eminems das, was der Punk in den 70ern im Gegensatz zum Progressive Rock war: sehr simpel, die eigene Begeisterung und Jugend betonend.
Nummer Drei: Yung Lean ist auf Albumlänge und auch bei einem einstündigen Konzert (jetzt im Frankfurter Zoom) in etwa das, was sich mittelalte Kulturschreibende mit minimalem Kulturpessimismus unter einem Internethype vorstellen: Oberflächlich, schrill und ziemlich amateurhaft.
Den Hype entfachten ab 2013 einige Clips, die an der Grenze zur Persiflage dem Cloud-Rap huldigten, einer etwas weggetreten-dunstigen Version des Rap, die sich mit Einflüssen aus New Age und Synthesizer-Musik in absurden Lyrics ergeht. Da war Yung Lean 16. Dass nie so ganz klar ist, ob Yung Lean und seine Sad Boys diesem Sound nun huldigen oder ihn vielmehr durch ihre teilweise bodenlos amateurhafte Ästhetik zersägen wollen, macht einen Teil des Reizes aus. Klar, Virtuosität ist kein Argument. Ebenso wenig wie ihr Fehlen. Aber schaut man Yung Lean auf der Bühne zu und sieht die sehr jungen Menschen davor sehr begeistert, setzt das Ermüden recht früh ein. Zu schnell hat Yung Lean alles aus seinem Arsenal vorgeführt: die wunderbar drückenden Subbässe, die seltene, wohlig begrüßte Trauer, die aus dem Synthesizer trieft, den immergleichen Bret-Easton-Ellis-meets-Generation-X-Flow.
Es passiert ewig das Gleiche, im gleichen Tempo, mit den gleichen Ideen. „Hoover", der krachende Song zum Einstieg, bleibt der Höhepunkt. Es ist ein grundlegendes ästhetisches Problem, wann gerade aus dem Monochromen und Gleichen sich so etwas wie Erhabenheit und Emotionalität ergibt. Minimal Techno arbeitet seit jeher mit der Wiederholung. Tilman Baumgärtels Buch „Loop" steigt der Wiederholung kurzer musikalischer Muster und Phrasen tief in die Ideengeschichte hinterher, und es lässt sich konstatieren, dass der Loop und die Wiederholung als Kulturtechnik auch der westlichen Moderne kaum zu überschätzen ist. Im Falle Yung Leans an diesem Abend zumindest ist der Übergang von der rauschhaften Repetition hin zur schieren Monotonie gemacht. Es stört nicht, es ist nicht furchtbar. Und das ist das Problem.
erschienen in der Frankfurter Rundschau, 5.5.2016.