Wir kommen rein, es läuft Limp Bizkit: „Break Stuff." Später, in der Pause, Rage Against The Machine: „Killing In The Name Of". Die Jungs springen. Slipknot: „Duality". In the car I just can't wait. Drei von vier sind Männer. Durchschnittsalter einunddreißig. Chucks, Bandshirts, kurze Hosen. Dickies, O-Dog, die mit den Bügelfalten. „To pick you up on our very first date".
A Day To Remember, die Vorband, sind wie gemacht für die „Vice", das zeitgeistigste Magazin überhaupt: Dort erzählen dann die Menschen, wie sie ihre alte Lieblingsband eines Tages wiedersahen. Daneben Tipps zum Oralsex und zehn Fragen an einen Frauenarzt. Das Thema: Die Jugenderinnerungen der Endzwanziger. Fair. „Is it cool if I hold your hand?"
Es entsteht eine seltsame Mischung aus offener Gewalt, Beatdown und Metalcore, und Fröhlich-Dämlich: Toilettenpapier und Strandbälle werden ins Publikum geworfen, kalifornischer Pop-Punk wird niemals alt werden. „When you smile I melt inside. I'm not worthy for a minute of your time".
Natürlich haben auch die irgendwann eine Ballade. Die Smartphones glimmen, vielleicht ja sogar mal ein Feuerzeug, das Leben imitiert das Fernsehen, auch die Ideen von Romantik kommen von der Stange. Die Ballade wird zur Powerballade, harte Gitarre, Schlagzeug, schon verstanden.
Blink 182 kommen auf die Bühne. Drei Männer um die vierzig, Gitarrist und Sänger Tom DeLonge fehlt. Für ihn ist Matt Skiba vom Alkaline Trio dabei, der Unterschied ist hier, aus der Ferne, kaum zu bemerken. Sie beginnen mit „Feeling This", womöglich dem besten Song ihrer Karriere. Der Sound ist furchtbar, Festhalle Frankfurt. „Where do we go from here?" Nur Hits, kaum einer länger als zweieinhalb Minuten. Noch immer ist der Schlagzeuger Travis Barker auf absurde Weise seiner Band enteilt, er ist der Hochbegabte unter den Mittelmäßigen. Und doch ist hier sicher, Blink 182 haben nur Klassiker geschrieben. „I'm feeling this."
Das Paar vor mir hält sich an den Händen. Sie lassen los, klatschen mit. Im Hintergrund, auf der Bühne, brennt ein gigantisches „Fuck". Er Vans, sie Chucks. Sie schaut zu ihm hoch. Sie greift seine Hand. Sie lächelt. Er nicht. „I dread the thought of our very first kiss."
Der Punkjunge Flo darf auf die Bühne. Er spricht zum Publikum, er nennt Blink 182 seine Helden. Es ist ein Abend ohne Ende. „I'm just scared of what you think. You make me nervous so I really can't eat." Lauter Weisheiten der Jugend, die ja doch noch immer wahr sind. „I never thought I would die alone." Später, wir schreien uns an, die Böhsen Onkelz laufen in der Jukebox, wir trinken Schnaps. „Let's make this last forever."
erschienen in der Frankfurter Rundschau, 13.6.2017.