Zwei Abende in Folge ausverkauft, zusammengenommen also fast dreißigtausend Menschen haben Iron Maiden nach Frankfurt bekommen. Vor knapp fünfzehn Jahren sah ich Maiden das erste und bis hierhin einzige Mal live, bei Rock am Ring. Zugegeben, hartes Pflaster. Das war nach dem Comeback mit Sänger Bruce Dickinson. Davor, in den 90ern, war eigentlich die einzige Zeit, in der Iron Maiden nicht so irre erfolgreich und qualitätssicher waren in ihrer vierzigjährigen Karriere.
Damals also, bei Rock am Ring, hatte traditioneller Heavy Metal einen etwas schwereren Stand gegen New Metal und Crossover. Da sahen die Leute schon anders aus, Baggypants und Skaterschuhe, der HipHop war ein Einfluss. Im New Metal öffnete sich der ziemlich weiße Metal für den schwarzen HipHop. Gute Idee, aus dem Jetzt betrachtet öfter peinlich als gut umgesetzt, Linkin Park und Limp Bizkit. Weil ich das damals ganz anders sah, stand ich nur zehn Minuten vor der Maiden-Bühne, lachte mich schlapp, als das gigantische Maskottchen Eddie über die Bühne marschierte und ging. Ich hatte es nicht kapiert.
Die größte Stärke Iron Maidens, die traumhafte Melodieführung, ist auch so etwas wie ein Kontrastprogramm zu den Trends der letzten Jahre: Dubstep, Trap, Bassmusik, alle fokussieren sich auf Rhythmus und Groove und Tiefe. Iron Maiden, deren Hauptsongwriter lustigerweise auch noch ihr Bassist Steve Harris ist, hingegen leben von den Höhen, den klaren Gitarrenlinien, der hellen Stimme Bruce Dickinsons. Leider ist der Sound in der Festhalle flach und drucklos und von den drei Gitarren geht einiges unter.
Gitarrist Dave Murray trägt das eigene Bandshirt, selbstverständlich mit abgeschnittenen Ärmeln. Er hat auf eine süße Art alle Gitarristen-Moves der letzten vierzig Jahre drauf, ohne dabei chauvinistisch rüberzukommen. Die Bühne ist vollgestellt mit Pappmaché. Sänger Bruce Dickinson permanent im Laufschritt, Treppe hoch, Treppe runter, links auf der Bühne, rechts auf der Bühne. Das Wunderbare ist: Da ist nur positive Energie, alle gut gelaunt, alle nett zueinander. Und es ist eben auch nicht so bierernst und darauf aus, das eigene Rollenspiel zu bestreiten. Das hier ist Theater, aber ein selbstbewusstes und wenn es eine Lehre darin gibt, die sich verallgemeinern ließe, dann, dass alle nett zueinander sein sollen.
Dennoch, Euphorie kommt nun nicht auf, während die Sechzigjährigen auf der Bühne etwas von Mickey Rourke in "The Wrestler" haben, abgekämpft, trotzdem optimistisch. Es wird weitergehen.
erschienen in der Frankfurter Rundschau, 30.4.2017.