Was Terry Riley an diesem Freitag für einen sachlich hohen Preis von fünfzig Euro im Frankfurter Mousonturm anbietet, ist rundherum scheußlich. Wirklich völlig, mit aller Konsequenz furchtbar. Geboten werden Soft-Rock-Jazz-Rock-Jams gemeinsam mit seinem Sohn Gyan an der Gitarre, zum Abgewöhnen, von so gigantischer und gewalttätiger Harmlosigkeit, dass man sich in die Rolle als berichterstattender Dienstleister gezwungen sieht, zu einem normalen Text, einer sachlichen Schilderung. Wer sich so gehen lässt, dem schulde ich als Schreibender aber eigentlich nichts.
Aber Riley kann tun und lassen, was er will, die Legende der Minimal Music ist über achtzig und gut gelaunt, in Jogginghose, die knapp zweihundert Leute sind beseelt und aufs Leichteste zufriedenzustellen. Dass Riley mal Wichtiges zu sagen hatte, soll hier gar nicht angezweifelt werden. Im Gegenteil: das ist auch deswegen so wuchtig mies, weil Riley ganz anderes kann oder konnte. Aber eine der Pointen der Minimal Music, der maximalen Reduktion auf einige musikalische Phrasen, der manchmal wunderbar dringlichen scheinbar endlosen Repetition, die dann doch eben immer etwas hinzufügt, die eben doch das verändert, was da wiederholt wird, ist das stete Abarbeiten an einem Thema.
Was Riley am Klavier und sein Sohn an der Gitarre zusammenklimpern, dem fehlt aber durchgehend ein Thema, durchgehend die Geduld, durchgehend der Formwille. Dass am Schluss, als unverständlicherweise die Leute eine Zugabe fordern, Gyan Riley meint, sie hätten keine weiteren Songs, irritiert vollends, weil das bedeuten könnte, dieses Gestammel sei ein vorbereiteter Song und nicht ein eben manchmal irrlichternder Jam.
Die wohlwollenden Reaktionen vieler Zuhörer rechtfertigen schon fast Handkesche Publikumsbeschimpfungen. Irgendwo ist Schluss, nicht wahr? Und muss man wirklich daran erinnern, dass Riley, Philip Glass und der brillante Steve Reich in den 60ern für ihren Ansatz noch scharf angefeindet wurden, dass das mal klar gegen Kanon und Verkrustung gerichtet war? An diesem Abend, fünfzig Jahre später, herrschen der Kanon und die Spießigkeit. Bleibt bloß, die alten Aufnahmen zu hören.
erschienen in der Frankfurter Rundschau, 5.6.2017