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Heidler: "Wegnahme von Rekorden ist ein absolutes Unding"

Betty Heidler Bild © picture-alliance/dpa

Mit einem revolutionären Einschnitt will der Europäische Leichtathletik-Verband an Glaubwürdigkeit im Kampf gegen Doping gewinnen. Zukünftig soll es neue Rekordlisten geben. Die ehemalige Hammerwerferin Betty Heidler kritisiert das scharf.


Die ehemalige Weltklasse-Hammerwerferin Betty Heidler, die jahrelang für Eintracht Frankfurt startete, ist richtig sauer. "Das ist nicht vertret- und nachvollziehbar. Dieses Vorhaben ist inakzeptabel!" Der Grund für ihre Wut ist die geplante Reform der Rekorde in der Leichtathletik. Ab dem Jahr 2018 soll unter die bestehenden Europarekorde in der Leichtathletik ein Strich gemacht und bei null angefangen werden.


Dafür hat sich das Council des Europäischen Leichtathletik-Verbands EAA am vergangenen Wochenende ausgesprochen. Ab dem 1. Januar des kommenden Jahres könnte es daher komplett neue Bestenlisten geben. Die bisher aufgestellten Rekorde sollen danach keine Gültigkeit mehr haben und in eine "Ewige Rekordliste" überführt werden. Vermutlich wird dieses Vorhaben dann auch für Deutsche- und Weltrekorde gelten.


" Reform ist Generalverdacht"


Heidler stellte 2011 mit einer Weite von 79,42 Metern einen Weltrekord im Hammerwurf auf, der über drei Jahre Bestand hatte. "Mit diesem Rekord habe ich mich in die Geschichtsbücher eingetragen und unsterblich gemacht. Mit der Reform würde mir das genommen werden", sagt sie und fordert, dass bestehende Bestwerte weiterhin existieren: "Eine Wegnahme von Rekorden ist ein absolutes Unding. Mit der Reform nimmt man sauberen Athleten ihr Ergebnis und ihren Erfolg, für den sie Jahre lang alles getan haben."

Sie selbst habe nie gedopt und alle Unterlagen zu Dopingproben nachgewiesen und aufgehoben. Mit der Reform würden alle einstigen und aktuellen Rekordhalter unter einen Generalverdacht gestellt werden. Sollte die geplante Veränderung realisiert werden, behält Heidler sich vor, dagegen vorzugehen. "Viele Athleten sehen das vermutlich genauso wie ich. Es wird große Proteste gegen das Vorhaben geben. Als Sportler muss man nicht einfach alles hinnehmen!"


Zeichensetzen im Kampf gegen Doping

Das von Heidler angesprochene Schlagwort "Doping" hat den Ausschlag dafür gegeben, dass die Reform im europäischen Verband nun auf den Weg gebracht wurde. Viele Rekorde wurden in der Hochzeit des Anabolika-Dopings aufgestellt und sind heute nicht mal annähernd erreichbar. Genau deshalb unterstützt der Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), Clemens Prokop, das Vorhaben.


"Eine ganze Reihe von Rekorden sind unter Bedingungen zustande gekommen, die mit heute nicht mehr vergleichbar sind", sagt Prokop. Und natürlich würden einige Rekorde ganz akut unter Dopingverdacht stehen. Heidler kontert diesem Argument. Mit der Reform nehme man auch sauberen Athleten ihren Erfolg. Aus ihrer Sicht käme ein Neuanfang bei der Rekordliste einem Generalverdacht gleich. "Eine reine Vermutung darf nicht ausreichen. Wenn sämtliche Rekorde gestrichen werden, wird vermutet, dass alle Rekorde unsauber vollbracht wurden", so Heidler. Ähnlich hatten sich bereits andere Athleten, etwa Marathon-Weltrekordlerin Paula Radcliffe geäußert.


Einheitliches System als Ziel


Auf der Ebene der Verantwortlichen ist derweil kaum Kritik an dem Vorstoß zu hören. "Ich mag diesen Vorschlag", sagte Sebastian Coe, Präsident des Leichtathletik-Weltverbandes (IAAF). Die Reform sei ein "Schritt in die richtige Richtung". Um die angedachten Pläne auch auf Weltrekorde zu übertragen, müssen die Vorschläge zunächst juristisch überprüft und dann von den anderen Kontinentalverbände akzeptiert werden.

Auf dem Kongress des IAAF im August wird darüber entschieden. Sollte der Weltverband doch nicht mitziehen, wird der europäische Verband diesen Schritt wohl auch alleine gehen. "Ziel ist es aber, auf allen Ebenen - auch auf deutscher - ein einheitliches System zu schaffen", erklärt Prokop, der selbst in der zuständigen EAA-Kommission saß und optimistisch ist, dass er gelingt.


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Neue Bedingungen für Rekorde

Die Anerkennung von Rekorden soll zukünftig an neue Bedingungen geknüpft werden. Die Athleten müssten unter anderem eine Mindestanzahl an Trainingskontrollen vorweisen. Die Dopingproben beim entsprechenden Wettbewerb müssten zehn Jahre für Nachtests eingefroren werden. Zudem sollen bei einer späteren Dopingsperre des Sportlers Rekorde nachträglich auch dann aberkannt werden, wenn nicht konkret bewiesen werden kann, dass die Bestleistung unter Dopingeinfluss aufgestellt wurde. Diese Passage ist jedoch rechtlich umstritten. Apropos rechtlich umstritten: In der Vergangenheit hatte ein Vorschlag des DLV, ab dem 1. Januar 2000 neue Listen einzusetzen, keine Mehrheit gefunden.

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