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"Ich wünschte, wir wären der ADAC"

Foto: ped/Stephan Wallocha

Raus aus der Kirche: Hunderttausende erklärten im vergangenen Jahr ihren Austritt. Doch einige kamen wieder zurück. Warum? Vier Geschichten von Rückkehrern und den Menschen, die sie dabei begleitet haben.

In der Ecke einer Buchhandlung, hinter einer hüfthohen hölzernen Trennwand sitzt Stephan Lackner und wartet, dass Leute in die Kirche eintreten wollen. Die Eintrittsstelle der Hannoverschen Landeskirche misst optimistisch geschätzt 4qm2, mit wenigen Handgriffen lässt sie sich zusammenfalten und verstauen. Ein winziger Tischventilator kämpft tapfer gegen die Hitze, die einem aus der Fensterfront entgegenströmt. Links und rechts der Trennwand stehen hohe Regale, die meisten der Bücher haben einen religiösen oder spirituellen Inhalt. Um wieder in die Kirche einzutreten, muss man allerdings auch an einer Auslage vorbei, auf der zentral „Weber’s Grillbibel“ thront. In dieser Umgebung also sitzt Stephan Lackner jeden Nachmittag und wartet auf Besucher und Anrufe.


Stephan Lackner trägt ein weißes Polo-Shirt und eine Sportuhr, auf dem Regal hinter ihm liegt sein Fahrradhelm. Er hat ziemlich gute Laune, außerdem ist der Ausdruck „Scheiße“ größerer Bestandteil seines Wortschatzes, als man es bei einem Pastor vielleicht vermuten würde. Etwa ein Wiedereintrittsgespräch führt er am Tag, schätzt Lackner. Es kann aber auch sein, dass er den ganzen Nachmittag dasitzt und niemand vorbeikommt, sein Telefon nicht läutet.


Mehr als 900.000 Menschen sind im vergangenen Jahr aus den beiden großen Kirchen ausgetreten. Auf der anderen Seite gibt es Menschen, die genau in diesen Krisenzeiten zur Kirche kommen und solche, die den Weg zurückfinden. 3.749 Wiederaufnahmen und 1.648 Erwachsenentaufen verzeichnete die katholische Kirche im vergangenen Jahr, die evangelische Kirche weist 9.625 Wiederaufnahmen und 11.678 Erwachsenentaufen für das Jahr 2021 aus.


Es sind nicht viele, verglichen mit der Rekord-Austrittswelle, und der Weg scheint schwieriger. Warum man die Kirche verlässt, muss man heute niemandem erklären, wer zurückwill, wirkt wie ein Außenseiter. Wer austreten will, reicht schlicht ein Formular ein. Wollen Menschen zurück, sind die Hürden ungleich höher – und seien es nur die im eigenen Kopf:




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