Elisa kann den Partner ihrer besten Freundin nicht ausstehen, aber wie kann sie ihr das sagen? Vorsichtig und zum richtigen Zeitpunkt, so die Therapeutin Ream Hadi-Hohn.
"Mit dem stimmt was nicht." Das ist der erste Gedanke, den Elisa* hat, als sie den neuen Freund ihrer Freundin Lena* kennenlernte. Es ist ein Gefühl, das sie damals, 2014, nicht näher beschreiben konnte. Elisa kennt Lena schon seit der 5. Klasse, lange waren sie beste Freundinnen. Zum Studium zogen sie in unterschiedliche Städte, sahen sich nur noch alle paar Monate. Das Vertrauen sei trotz der Entfernung geblieben, sagt Elisa heute. Doch dann war da dieser Typ: Max*.
"Lena war von heute auf morgen in einem regelrechten Liebesrausch", erzählt Elisa, es habe nur noch die Beziehung gezählt. Max habe sie mit Geschenken, Komplimenten und Aufmerksamkeit überschüttet, Lena habe nur noch im "Wir" gesprochen. Es habe nicht lange gedauert, bis die beiden zusammenzogen. "Natürlich habe ich mich für sie gefreut, mich gleichzeitig aber gefragt, warum das alles so schnell gehen muss", sagt Elisa. "Lena war der Auffassung, dass es die ganz große Liebe sein muss." Obwohl Max ihr gegenüber nett und interessiert getan habe, hatte Elisa den Eindruck, dass das nicht aufrichtig war. "Für mich wirkte es fast so, als sei das alles nur gespielt."
Über ihr Gefühl, dass Max irgendwie aufgesetzt rüberkam, und die Sorge, dass er Lena zu sehr vereinnahmte, sagte Elisa, damals Mitte 20, ihrer Freundin nichts. Lena sei ja glücklich verliebt gewesen. "Ich habe mich wirklich schwer damit getan, das anzusprechen - vor allem, weil ich nicht richtig ausmachen konnte, was mich konkret an ihm stört."
Ich sollte mir zunächst darüber klar werden: Was genau stört mich an dieser Person? Und welche Intention verfolge ich damit, wenn ich das jetzt anspreche? Psychotherapeutin Ream Hadi-Hohn
Das zu wissen, bevor man mit seinen Gedanken zur besten Freundin geht, ist aber gerade wichtig für ein konstruktives Gespräch, sagt Psychotherapeutin Ream Hadi-Hohn, die in ihrer Bonner Praxis neben klassischer Verhaltenstherapie auch Freundschaftsberatung anbietet: "Ich sollte mir zunächst darüber klar werden: Was genau stört mich an dieser Person? Woran liegt das? Und welche Intention verfolge ich damit, wenn ich das jetzt anspreche?" Eine mögliche Intention könne zum Beispiel Neid sein oder aber das Bedürfnis, die Freundin vor etwas zu schützen. Manchmal liegt auch ein Missverständnis vor. Oder vielleicht kommt das ungute Gefühl daher, die beste Freundin jetzt mit jemandem teilen zu müssen.
Hadi-Hohn empfiehlt: "Sobald man ein unangenehmes Gefühl hat, würde ich dem immer nachgehen." Das bedeute jedoch nicht, dass man sofort etwas ansprechen müsse, so die Psychologin. "Im ersten Schritt geht es darum, dass man bei sich selbst nachforscht, das Gefühl ernst nimmt und sich fragt: Woher kommt dieses Gefühl?" Doch gerade das fiel Elisa schwer, da sie ihre Freundin eben nur noch alle paar Monate traf.
Anders war das bei Christina*. Mit 16 sah sie ihre beste Freundin Jana* jeden Tag. Als die mit Lennard* zusammenkam, wusste Christina schon, dass sie ihn nicht mochte. Sie gingen alle auf die gleiche Schule, verbrachten viel Zeit in einer Tanzschule, feierten Geburtstage und Silvester in einer großen Clique zusammen. "Er war ein totaler Macho und sehr herablassend - vor allem gegenüber bestimmten Frauen", sagt Christina. Besonders ein Silvesterabend habe diesen Eindruck nachhaltig geprägt. Lennard sei plötzlich aufgestanden und habe zu jedem anwesenden Mädchen gesagt, wie viel Alkohol er bräuchte, um sie schön zu finden. Bei Christina habe er gemeint: "So viel könnte ich gar nicht trinken." Jana saß daneben und sagte nichts. Spätestens da sei Lennard bei Christina endgültig unten durch gewesen. Sie mied ihn fortan. Auch das Schweigen ihrer Freundin habe sie sehr verletzt, sagt Christina, angesprochen habe sie das aber nicht.
Dass es ausgerechnet der sein muss, der mich so schlecht behandelt hatte, war schon schwierig für mich. Christina*Kurze Zeit später kam Jana mit Lennard zusammen. Sie rief Christina direkt an, um ihr davon zu erzählen. Auf Christina wirkte es fast wie ein Geständnis. "Dass es ausgerechnet der sein muss, der mich so schlecht behandelt hatte, war schon schwierig für mich", erzählt Christina. "Ich hatte das Gefühl, dass die Verliebtheit in ihn größer war als ihr Verständnis für mich." Davon erzählte Christina ihrer Freundin aber nichts. Stattdessen habe sie ihr gesagt: "Du weißt, dass ich keine gute Meinung von ihm habe." Jana habe ja schließlich genau gewusst, was an jenem Silvesterabend vorgefallen war. Und Christina hoffte, dass ihre Freundin schon wissen würde, was sie da tue. "Mir war wichtig, dass sie glücklich ist", sagt sie heute. "Gleichzeitig hatte ich in dem Moment Angst, dass unsere Freundschaft das nicht aushält und ich sie an ihn verliere."
Von diesen Sorgen habe sie ihrer besten Freundin jedoch nichts gesagt. Jana habe verständnisvoll auf Christinas gedämpfte Euphorie reagiert und entgegnet: "Du weißt ja, dass ich auf solche bad boys stehe." Von da an mieden die beiden - mehr unausgesprochen als aktiv abgemacht - die Themen Jungs und Beziehungskram. Christina störte das nicht: "Ich habe mich zu dieser Zeit eh kaum für Jungs interessiert." Und auch sonst änderte sich wenig, vor allem, weil Lennard zum Studium in eine andere Stadt zog, während Jana und Christina weiterhin jeden Tag in der Schule zusammen verbrachten. "Wäre er nicht weggezogen und ich hätte ihn jeden Tag sehen müssen, hätte das unsere Freundschaft sicher nachhaltiger verändert", glaubt Christina heute.
Nach anderthalb Jahren beendet dann Lennard die Beziehung. Irgendwann habe Jana zu ihr gesagt: "Jetzt kann ich besser verstehen, was du an ihm nicht mochtest." Über die Beziehung oder den besagten Silvesterabend hätten sie jedoch nie gesprochen, sagt Christina. Befreundet sind sie aber bis heute und reden auch wieder über Jungs.
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