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Kulturspaziergang durch die Neustadt

Walter Klingelhöfer, kaufmännischer Geschäftsführer des Rotes Kreuz Krankenhauses, zeigte den Besuchern die Kunstwerke, die im Café K ausgestellt sind. (Walter Gerbracht)

Zu einem Kulturspaziergang durch das Buntentor lud das neugegründete Kulturnetzwerk „VIS-A-VIS“ ein. Rund 15 Interessierte folgten der Einladung und trafen sich am Café K im Rotes Kreuz Krankenhaus. Dort nahm Reinhard Lippelt vom Schnürschuh-Theater sie in Empfang. Eigentlich wollte Lippelt zu diesem besonderen Anlass ein Sakko aus dem Schrank holen. Doch wegen des schlechten Wetters griff er stattdessen zur roten Regenjacke. In der rechten Hand hielt er eine gelbe Fahne mit dem orangefarbenen Logo des Kulturnetzwerks. „Wir wollen den Bremerinnen und Bremern zeigen, dass die Neustadt gleichwertig zur Altstadt ist“, erklärt er.

„VIS-A-VIS“ ist ein Zusammenschluss von mittlerweile 25 Kultureinrichtungen. Ziel des Zusammenschlusses sei es, das Image der Neustadt zu verbessern und den Stadtteil wieder mehr in den öffentlichen Fokus zu rücken. „Wir wollen das Gerücht erschüttern, der Bremer würde nicht über die Brücke gehen“, sagte Lippelt. Es gebe noch so viel zu entdecken, zum Beispiel am Treffpunkt, dem Café K. Walter Klingelhöfer, kaufmännischer Geschäftsführer des Rotes Kreuz Krankenhauses führt die Besucher durch die Flure, weg von Kaffee und Kuchen. Denn was kaum einer wisse: Im Café K werden auch Kunstwerke aus dem Magazin der Städtischen Galerie ausgestellt. „Wir wollten das Krankenhaus für die Kunst öffnen.“ Es sollten Berührungsängste, die viele mit dem Krankenhaus haben, abgebaut werden, sagte Klingelhöfer. Außerdem habe man festgestellt, dass sich die Kunst positiv auf die Atmosphäre auswirke.

An der zweiten Station ging es vor allem darum, einmal die Schwelle zu übertreten. Die Spaziergänger fanden sich in den Räumen des Martinsclubs wieder. Nina Marquardt, Fachbereichsleiterin für Bildung und Freizeit, war sichtlich erfreut, so viele Teilnehmer begrüßen zu können und erzählte über die Geschichte und Ziele dieser Einrichtung. Irgendwann musste Lippelt die Teilnehmer mit ihren vielen Fragen etwas zügeln, denn es sollte ja schließlich noch weitergehen.

Vom Martinsclub aus ging es quer über die Straße. Zwei junge Männer zeigten sich irritiert über die Gruppe, die sich da den Weg an ihnen vorbei in das Kulturzentrum „Kukoon" bahnten. „Touris?" fragte einer, woraufhin der andere nur mit den Achseln zuckte. Die Spaziergänger ließen das unkommentiert, waren stattdessen sichtlich beeindruckt, was das Kollektiv da aus dem ehemaligen Geschäft gemacht hat. „Früher gab es hier noch Werkzeug", erinnerte sich ein älterer Herr aus der Gruppe. Jetzt laden Tische und Sofas zum Verweilen ein. Die Teilnehmerin Christine Ehlers hatte sich schon häufiger beim Vorbeilaufen gefragt, was sich hier wohl hinter den Scheiben am Buntentorsteinweg 29 abspielt. Doch das „Kukoon" betreten hatte sie bisher nicht. „Es sieht aber sehr gemütlich aus", sagte sie und sie könne sich vorstellen, dort auch einmal einen Kaffee zu trinken. Damit gehe das Konzept des „Kukoon" (Kulturkombinat offene Neustadt) auf, denn es richte sich explizit an ein Publikum jeden Alters, erklärte Sandra Carlson, eine der Mitwirkenden.

Dann unternahm die Gruppe eine kleine Zeitreise und machte sich auf ins 35 Jahre alte Kultur- und Nachbarschaftszentrum (KUNZ) in der Sedanstraße. Dort wurden die Spaziergänger von drei älteren Herren in Empfang genommen, die sie durch die Räumlichkeiten des Vereins führten. „Wir hoffen natürlich auf neue Mitglieder", sagte Hartmut Sporleder, Vorsitzender des Vereins, und verteilte noch die Vereinszeitung mit dem aktuellen Kursplan, der von Seidenmalerei bis Seniorentanz reichte.

Um Tanz sollte es auch an der nächsten Station gehen. Lippelt wollte das „Steptext dance project" vorstellen, doch an der Schwankhalle angekommen, blieben die Türen verschlossen. Lippelt war kurz irritiert, lächelte die Panne dann aber gekonnt weg. „Beim Theater lernt man, wie man mit unvorhersehbaren Ereignissen umgehen muss", sagte er später.

Am Schnürschuh-Theater sollte der knapp zweistündige Spaziergang enden. Während mancher erschöpft im Theatersaal Platz nahm, führte Lippelt die anderen durch die Räumlichkeiten bis in die Künstlerumkleiden. Für einen Moment konnten sich die Teilnehmer wie Schauspieler fühlen, als sie durch einen schmalen Gang zurück auf die Bühne traten. Christine Ehlers war froh, dass sie mitgegangen ist. Zwar kannte sie die meisten Einrichtungen schon, aber „ein bisschen was Neues habe ich heute schon gesehen", sagte sie.

Der Kulturspaziergang soll nur der Auftakt gewesen sein. „Wir planen, diesen Spaziergang einmal im Monat zu veranstalten", so Lippelt. Ein zweiter Termin steht bereits fest: Am 26. Mai wird Lippelt wieder zur gelben Fahne greifen und Interessierten eine neue Perspektive auf die Neustädter Kultur bieten. Vielleicht klappt es dann auch mit dem Sakko.

Der nächste Kulturspaziergang des Kulturnetzwerks „VIS-A-VIS" findet am 26. Mai statt. Reinhard Lippelt wird voraussichtlich wieder sechs der mittlerweile 25 zusammengeschlossenen Kultureinrichtungen in der Neustadt vorstellen. Einzelheiten werden noch bekannt gegeben.


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