Nur Kaisern und Mönchen wurde Tee einst gereicht - als so kostbar galt die Pflanze aus dem fernen Asien. Heute ist Tee ein Allerweltsgetränk und auch Kräuter- und Fruchtaufgüsse werden hierzulande als „Tee" betitelt. Fälschlicherweise, sagt Markus Mergenthaler, Leiter des Knauf-Museums in Iphofen. Denn tatsächlich gibt es nur vier echte Teearten: Schwarzen, weißen und grünen Tee sowie den in der Verarbeitung extrem aufwändigen Oolong-Tee. Der Leiter des Knauf-Museums weiß, wovon er spricht: Er ist nicht nur leidenschaftlicher Teetrinker, sondern ist selbst tief eingetaucht in die Geschichte und den Genuss, in die Kultur und Sitten rund ums Teetrinken. Das Ergebnis ist noch bis in den November in der Sonderausstellung „Teewege" im Knauf-Museum zu sehen.
Auf den Tee als Ausstellungsobjekt kam Mergenthaler eher zufällig: Als er vor Jahren in Berlin im Deutschen Historischen Museum in die Abteilung Papierrestaurierung schnupperte, sah er dort eine Mappe des Augsburger Kupferstechers Johann Elias Ridinger (1698 - 1776). Der Titel: „Die Getränke". Auf zwölf Blättern hatte sich der Kunsthandwerker einst mit den Getränken aus der neuen Welt auseinandergesetzt - mit Tee, Kaffee und Schokolade. Die Faszination für die einstmals so kostbaren Konsumgüter ließ Mergenthaler nicht los. 2004 stellte er die Sonderausstellung „Siegeszug der süßen Verführung - Schokolade" auf die Beine. Und heuer, im Jahr 2013, dreht es sich im Knauf-Museum auf drei Stockwerken um jenes edle Getränk der Feingeister, über das ein tibetisches Sprichwort sagt: „Tee ist Ruhe und nicht Eile."
Dabei wird der Ausstellungsbogen weit gespannt: Es geht um Botanik, um die Teetradition in aller Herren Länder, um Handelswege und die Geschichte des Tees in Europa, um Tee in der Literatur und um Werbestrategien. Gleich zu Beginn der Ausstellung werden alle Sinne angesprochen: In einer Art Teegarten können die Besucher an verschiedenen Sorten schnuppern, Darreichungsformen wie Matcha-Pulver, einen Teezopf oder Pu-Erh-Tee bestaunen und selbst ein Tässchen Tee genießen. Zum Beispiel den fast schon fruchtig schmeckenden Oolongtee. Dabei erfährt der Besucher auch, dass schon die Zubereitung eine Kunst für sich ist. Für die Dauer der Ausstellung hat das Knauf-Museum deshalb extra einen Teesommelier eingestellt, der nicht nur Vorträge hält, sondern auch das Museumspersonal schult. Kochend heißes Wasser zum Aufbrühen? Fehlanzeige! Nicht heißer als 60 Grad Celsius darf das Wasser beim Aufguss sein, die Ziehzeit wird genau gestoppt, die Teemenge aufs Gramm abgemessen.
Ein Stockwerk höher stoßen die Ausstellungsbesucher auf Objekte aus den verschiedensten Ecken der Erde, es geht um den Teegenuss als Zeremonie in ganz unterschiedlichen Kulturen. Zum Beispiel in Tibet. Dort nämlich hat sich bis heute die älteste der ursprünglich in China entwickelten Zubereitungsarten für Tee erhalten: Blätter werden zu einem Teekuchen gepresst, dieser wird dann gekocht. Wichtig war bei den hochasiatischen Völkern laut Mergenthaler vor allem auch, das Gut transportabel zu machen. In einer Museumsvitrine ist zu einem Ziegel gepresster Teestaub zu sehen, daneben Jakhaut, in die dieser gewickelt wurde.
Ein Räucherwok erzählt von kultischen Handlungen, chinesisches Steingut aus dem 12. und 13. Jahrhundert berichtet vom Teegenuss in alten Zeiten. Japanische Teeurnen mit Elfenbeindeckeln, ein russischer Samowar und arabische Teeservice aus Metall folgen in weiteren Vitrinen. Und auch der Spazierstock des Japanforschers Philipp Franz von Siebold kann bestaunt werden. Was dieser mit Tee zu tun hat? Der Stock ist innen hohl, so gelang es dem Naturwissenschaftler Teesamen aus Japan nach Indonesien zu schmuggeln und auf der Insel Java Tee zu kultivieren.
Im Obergeschoß der Sonderausstellung geht es schließlich um den Teegenuss in der europäischen Welt. „Dass ich wenn ich morgen lebe, Tee trinken werde, weiß ich gewiss", schallt ein Zitat des Schriftstellers Gotthold Ephraim Lessing zum Beispiel aus dem Lautsprecher. Andere Europäer indes waren nicht so angetan vom Getränk aus der neuen Welt - Liselotte von der Pfalz soll Tee mit Heu verglichen haben. Als wie kostbar das Getränk aus den Pflanzen Camellia sinensis und Camellia assamica tatsächlich galt, zeigen edle Porzellanservice: Meißner Porzellan aus der Mitte des 18. Jahrhunderts zum Beispiel. Genossen wurde Tee seinerzeit übrigens gern mit kandierten Früchten - so erklärt sich unter anderem eine Kanne in Pfirsichform.
Im 20. Jahrhundert schließlich wird Tee zum Massenprodukt, auch die Werbeindustrie entdeckt das Getränk. Markus Mergenthaler hat deshalb alte Plakate, Teedosen und einige seltene Emailschilder zusammengetragen, zudem flimmern Werbespots aus frühen Zeiten über einen Bildschirm. Jetzt tritt auch der Teebeutel seinen Siegeszug rund um die Welt an. Dessen Entdeckung im Jahr 1913 in Amerika war übrigens reiner Zufall: Tee wurde dort in Baumwollsäckchen aufbewahrt, eines fiel zufällig in heißes Wasser. Heraus kam eine wohlschmeckende Tasse Tee.
Infokasten: Über die Ausstellung „Teewege"
Die Sonderausstellung „Teewege. Historie, Kultur, Genuss" ist zu sehen bis einschließlich 3. November. Das Knauf-Museum ist von Dienstag bis Samstag, 10 bis 17 Uhr, sowie sonntags zwischen 11 und 17 Uhr geöffnet. Zur Ausstellung ist ein 264-seitiges Hardcover-Buch mit zahlreichen Abbildungen erschienen: Mergenthaler, Markus (Hrsg.): Teewege. Historie, Kultur, Genuss", Verlag J. H. Röll GmbH, Dettelbach 2013, ISBN 978-3-89754-437-6