Halbnackte Körper, schwitzende Fleischberge, derbes Stöhnen - da kann es sich nur um den neusten Teil von WWE SmackDown vs. Raw handeln! Geht das Update knallhart auf die Bretter oder kann es sich auf der Matte behaupten?
Zugegeben: Wrestling hat seine goldenen Zeiten hinter sich. Der Muskelkarneval war schon mal wesentlich bunter, so ungefähr Anfang bis Mitte der 90er. Die Nachfolge von Clown Doink, Sumoringer Yokozuna und Bret "The Hitman" Heart haben inzwischen größtenteils tätowierte Glatzköpfe und fiese Hinterhofpsychos übernommen. Dennoch erfreuen sich die regelmäßigen Videospiel-Updates großer Beliebtheit. Mit WWE SmackDown vs. Raw 2011 steht jetzt eine weitere Wrestling-Simulation in den Regalen. Und abgesehen von den Gesichtern hat sich im Vergleich zu früher wenig getan. Was nichts Schlechtes sein muss.
Krabumm - der Tisch zerbricht, die Menge johlt.
Die Auswahl an Modi ist schier unendlich: Von einzelnen One-on-One, Tag-Team-, Käfig-, Leiter- oder Royal-Rumble-Matches bis hin zu Turnieroptionen ist die Auswahl fast erschlagend. Die meiste Zeit verbringt der Solo-Spieler letztlich im "WWE-Welt"-Modus, in dem verschiedene vorgegebene Matches bestritten und so neue Ringer, Arenen und Extras freigeschaltet werden. Außerdem gibt es noch die "Road to Wrestlemania" (nicht zu verwechseln mit THQs hauseigenen Legends of Wrestlemania), eine Art Rollenspielmodus, in dem ihr die Karriere einer Handvoll Publikumsfavoriten wie Edge oder John Cena, nachspielt.
Backstage wird mit dem Handy kommuniziert, Hinterhofkämpfe angezettelt oder beim Arzt errungene Erfahrung gegen verbesserte Statuswerte eingetauscht. Manch eine Geschichte ist dabei allerdings weniger ernst zu nehmen, etwa wenn ihr euch in der Parallelwelt des Undertakers wiederfindet und Seelen per Urne einsammelt. Zu allem Überfluss ist die grafische Gestaltung des Bereiches wohl das Klotzig-Hässlichste, das die aktuelle Konsolengeneration zu bieten hat. Das gehört vom Ringrichter gnadenlos ausgezählt!
Rey Mysterio hat beim Turnuntericht sicher nie gefehlt.
Das Zentrum aller Modi bleibt natürlich die Action im Ring. Hier steuert ihr euren gewählten von rund 70 Helden mit linkem Analogstick, verkettet Schläge zu kleinen Dreierkombinationen, verhöhnt das Gegenüber per Steuerkreuz oder wirft ihn per rechtem Stick auf die Matte. Frankensteiner, Atomic Drop, Belly-to-Belly-Suplex oder Bodyslam: alles natürlich mit dabei.
Die Steuerung ist denkbar einfach und auch recht präzise, wenn man nicht gerade in einer "Royal Rumble" wieder mal den falschen Gegner in die Hände bekommt. Die Manöver sind ansprechend inszeniert und bringen auch den gewissen Showfaktor mit sich, den sich der Fan vom verschwitzten Spektakel erwartet.
Die Fleischberge sind ordentlich texturiert und bewegen sich zudem geschmeidig mit realistischen Bewegungen durch den Ring. Auf der Strecke blieb da aber die Mimik sowie die klotzige Umgebungs- und Publikumsgraphik. Besonders mies: die ungelenken Gesichtszüge und steifen Mundbewegungen, die an schlecht nachsynchronisierte amerikanische Werbespots aus dem Mitternachtsprogramm erinnern. Das macht aber nichts, denn die erzählten Hintergrundgeschichten sind so herrlich dämlich und überzogen, dagegen gewinnt jede RTL2-Soap einen Emmy. Selbst die ermüdend langatmigen Einzüge drückt man schon nach ein paar Durchläufen weg, gleichen sie sich doch wie ein Ei dem anderen und machen nur selten durch individuelle Effekte was her. Dafür geht es schließlich im Ring ordentlich rund.
Die Einsatzmöglichkeiten variieren je nach Matchtyp. Im Käfigmatch katapultiert ihr euren Erzfeind Gesicht voran ans Eisengitter, verbädelt ihm außerhalb des Rings mit einem Plastikstuhl den Schädel oder verpasst ihm im Leitermatch eine Breitseite mit selbiger. Immer vorhanden sind die "Signature-Moves", individuelle Extramanöver, die sich dank einer durch erfolgreiche Attacken und Provokationen gefüllten "Schwung"-Leiste ausführen lassen. Natürlich dürfen auch die spektakulären "Finishing Moves" nicht fehlen. Auf die wartet jeder Wrestling-Fanatiker schließlich das ganze Match über. Was wäre etwa der Undertaker ohne seinen "Tombstone Piledriver"? Klar: einfach ein besonders käsiger Hüne.
Ladies, wer wird denn da gleich handgreiflich?
Wer schon über die männlichen Haudegen schmunzelt, den amüsieren die sogenannten "Diven" umso mehr - die weiblichen Wrestlerinnen sind absurd aufgemachte Barbiepüppchen, die sich etwas agiler steuern lassen als ihre männlichen Pendants. Dazu versprühen sie mit künstlichen Fingernägeln, auftoupierten Haaren und kratzbürstigem Gehabe den Charme von "Jersey Shore"-Charakteren.
Interessanter sind da schon die unzähligen Optionen im Editor-Modus. Hier erstellt ihr euren persönlichen, eigenen Helden und könnt von Muskulatur über Move-Pallette bis hin zu Augenabstand und Fingernagelfarbe wirklich so ziemlich alles beeinflussen. Schließlich lassen sich sogar einzelne "Finishing Moves" erstellen. Fast bis auf die kleinste Bewegung stückelt ihr die verheerenden Bewegungen zusammen. Und am meisten Spaß bringt dann natürlich der Kampf mit Freunden oder im gelungenen Onlinemodus. Die stundenlange Bastelei soll sich ja auch gelohnt haben.
Pro:
- Große Auswahl bekannter Wrestling-Ikonen- Geschmeidige Animationen
- Umfangreicher Editor-Modus
- Gelungener Online-Modus
- Einfache und intuitive Steuerung
- Optimales Partyspiel
Contra:
- Altbackene Inszenierung- Veraltete Grafik-Engine
- Erschlagend viele Modi
- Online-Modus nur über Aktivierungscode
Fazit:
Blöd, dass THQ ähnlich den anderen großen Sportspielen auch bei WWE SmackDown vs. Raw eine jährliche Veröffentlichungspolitik verfolgt. Hier ein Modus mehr, dort eine etwas veränderte Physik - das war es dann auch, fertig ist Update 2011. Für die dringende Frischzellenkur der Optik bleibt da leider keine Zeit, für zumindest etwas bemühtere Hintergrundgeschichten erst recht nicht. Trotzdem kommen Wrestling-Fans abermals auf ihre Kosten. Wenn euch veraltete Technik nicht schert, dann viel Spaß bei der nächsten krachenden Royal Rumble - denn das macht sie allemal.