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Les Flâneurs | Die Reifeprüfung: Joanna Newsom live auf Kampnagel

Joanna Newsom.

Es ist acht Jahre her, da spielte der kongeniale kanadische Indiegeiger Owen Pallett in Dublin ein kleines Clubkonzert und stimmte einen Coversong an, den er zuvor unter seinem Projektnamen Final Fantasy aufgenommen hatte, eine Version von Joanna Newsoms „Peach, Plum, Pear". Und das Publikum wusste genau, wie dieses Lied geht, wo das exaltierte Nana-nanana-na-nana hin gehörte und wie jede Zeile des Textes lautete. Und Pallett hielt überrascht inne und äußerte in halb gespielter Entrüstung: „Als ich dieses Lied anfing zu spielen, beschwerten sich alle: ‚Was zur Hölle ist das für eine Scheiße? Das ist nur eine Schlampe mit verrückter Stimme! Und ich kam mir wie eine bekloppte Schwuchtel vor, sagte aber: Was stimmt denn mit euch nicht, sie ist großartig?! Und wer hatte am Ende Recht?" Und das Publikum feierte ihn und sang weiter mit.


Ja, es hätte schnell mit der Kunst der jungen Songschreiberin zu Ende sein können, denn unter dem „New Weird America" gelabelten Hype der frühen 2000er-Jahre war sie die Königin und führte mit ihrer Harfe („Mei wie ungewöhnlich, sie spielt Harfe!" riefen sie aus) die Bewegung um im Grunde einfach sehr expressive Folkmusiker wie Bonnie ‚Prince' Billy, Vetiver oder Devendra Banhart an. Doch so groß der Hunger auf das so Andersartige kam, so schnell waren alle satt und die Trendsetter verstummten über die Jahre zusehends. Aber die Tochter zweier privat leidenschaftlich musizierender Mediziner schaffte es, sich eine Fanschar aufzubauen, die ihrem Gespür vertraute und sich dem Rhythmus der inzwischen 34-Jährigen anpasste. Neben „Simpsons"-Vater Matt Groening gehört sogar Björk zu dieser Schar, und auf Newsom passen durchaus viele Etiketten, die auch der Isländerin oft verpasst werden: außergewöhnliche Lieder, exaltierte Stimme, große künstlerische Eigenständigkeit.


In ihren nur vier Alben (eines davon immerhin ein Triplealbum) seit 2004 hat Newsom ihren Stil verfeinert, orientiert sich inzwischen an klassischeren Songstrukturen mit schlichteren Rhythmen und dabei immer opulenteren Arrangements ihrer Backingband. „Divers", ihr letztes Jahr nach fünfjähriger Veröffentlichungspause erschienenes Werk, ist ihr wohl bestes bisher. Das ist auch bemerkenswert, weil sie in der Zwischenzeit SNL-Komiker und The-Lonely-Island-Querkopf Andy Samberg geheiratet und in Regisseur Paul Thomas Andersons Thomas-Pynchon-Romanadaption „Inherent Vice" mitgespielt hat. Da hat diese außergewöhnliche, außergewöhnlich schöne Frau ihre Finger in der Traumfabrik, macht sie sich aber dennoch nicht so schmutzig, dass dies ihrer Musik irgendwie schaden würde. Joanna Newsom bleibt ein Ausnahmetalent, für deren Verehrung sich inzwischen weder Owen Pallett, noch sonst wer schämen müsste.


Es wird gerne so dahingesagt, als Werbefloskel oder Promoslogan, aber Joanna Newsoms Konzerte gehören tatsächlich zu der absolut bezaubernden Sorte. Seid doch in Hamburg auf Kampnagel am 25. Februar live dabei, wie wäre das? Schickt uns bis 22. Februar eine E-Mail mit dem Betreff „Joanna Newsom" an redaktion@lesflaneurs.de und nennt uns euren Namen darin - wir schreiben ihn dann plus einer Begleitung auf die Gästeliste. Viel Glück!
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