In Harbin in China findet derzeit das grösste Eisfestival der Welt statt. Tempel, Kathedralen, Brücken und Paläste ragen meterhoch in den Himmel - und locken immer mehr Touristen an.
Yang Yi zittert am ganzen Körper. Die Lippen der jungen Chinesin sind schon blau angelaufen, an ihren Wimpern haben sich winzige Eiszapfen gebildet. Die rote Wollmütze hat sie tief ins Gesicht gezogen, dazu trägt sie eine dicke Winterjacke und dunkle Schneestiefel. Knapp minus 40 Grad hat es an diesem Abend in Harbin.
Doch Yang Yi trotzt der eisigen Kälte. Ihr staunender Blick ruht auf einem riesigen, kreisrunden Gebäude. Meterhoch ragt das Bauwerk in den dunklen Nachthimmel. Jeder Chinese erkennt es auf den ersten Blick: den Himmelstempel. "Aber so habe ich den Himmelstempel noch nie gesehen", sagt Yang Yi und lächelt verschmitzt. Der echte Himmelstempel aus dem 15. Jahrhundert steht in Chinas Hauptstadt Peking. Er ist aus Holz und Marmor und strahlt historische Würde aus, schliesslich diente er den chinesischen Kaisern einst als Bittstätte: Eine gute Ernte wurde erbeten. Der Bau vor Yang Yi hingegen leuchtet grellbunt: mal pink, mal grün, mal blau. Und: Er ist komplett aus Eis...