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"Sie starben in Mekka"

Wer den saudischen Live-Fernsehsender "Al-Koran al-Karim" einschaltet, merkt nicht, was für eine Katastrophe sich in Mekka ereignet hat. Muslime, ganz in weiß gekleidet, umkreisen betend in der Großen Moschee die würfelförmige Kaaba - das größte Heiligtum im Islam.Doch fast genau dort gab es zuvor ein schweres Unglück. Am Freitag, um 17.10 Uhr Ortszeit, brachte ein Unwetter mit heftigen Windböen und Regenfällen einen riesigen Baukran zum Einsturz. Metallteile bohrten sich durch die hohen Decken, Trümmer fielen auf den Marmorboden und begruben Pilger unter sich: 107 starben, 238 wurden verletzt.


Fast eine Million Muslime aus aller Welt sind zu dem Zeitpunkt schon in Saudi-Arabien, um an den Ritualen der jährlichen Pilgerfahrt, dem Hadsch, teilzunehmen. Mit "Schicksal" und "höhere Gewalt" kommentieren Augenzeugen das Unglück. In den sozialen Netzwerken werden folgende Sätze oft geteilt: "Sie starben in Mekka. Sie starben an einem Freitag. Sie starben, während sie Allah priesen. Sie werden im Paradies sein, so Gott will."


 Wurden die Sicherheitsstandards eingehalten?


Die saudischen Behörden untersuchen das Unglück und prüfen, ob die Sicherheitsstandards auf den Baustellen ausreichen. Denn es gibt auch Kritik daran, dass die Baukräne zur Ankunft der Wallfahrer nicht entfernt wurden. Der saudische Binladin Konzern, der mit dem Ausbau der Moschee beauftragt ist, erklärte bereits, dass zuletzt am Donnerstag Bauarbeiten verrichtet worden seien. Am Unglückstag standen also die etwa ein Dutzend Kräne - laut saudischen Medien die höchsten, die in der Region eingesetzt werden - still.


Um Platz für die vielen Pilger zu schaffen, wird der Komplex ständig erweitert. Laut der Zeitung "Saudi Gazette" soll die Fläche der größten Moschee der Welt um 400.000 Quadratmeter erweitern werden und damit insgesamt 2,2 Millionen Menschen Platz bieten. Bei dem Unglück wurde ein Seitentrakt getroffen.


Immer wieder gefährliche Situationen


Damit alle Gläubigen die Möglichkeit haben, die Hadsch-Rituale zu verrichten, gehören auch die Gebiete um die Große Moschee herum offiziell zum Heiligtum. Auch wer also vor dem Gotteshaus auf der Straße betet, hat offiziell in der Heiligen Moschee von Mekka gebetet, sagen Wallfahrer. Dennoch wollen die meister Pilger auch zu Stoßzeiten zur Kaaba, was immer wieder zu gefährlichen Situationen führt.


Die saudischen Behörden halten trotz des Unglücks an den Hadsch-Plänen fest. Der Beginn der Wallfahrt richtet sich nach dem islamischen Mondkalender und wird um den 21. September herum sein. Das genaue Datum wird wohl bald feststehen. Der oberste Gerichtshof rief die Bewohner des Königreiches dazu auf, am Sonntagabend nach der Mondsichel Ausschau zu halten.

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