15 abonnements et 0 abonnés
Article

Die Geschichte einer Suffragette

Von Melanie Schröder

Emmeline Pankhurst veröffentlichte ihre Memoiren unter dem Titel "My Own Story" bereits 1914. Die 1858 Geborene beschreibt darin ihren Weg von der gemäßigten Frauenrechtlerin zur militanten "Suffragette", die auch vor Bombenanschlägen nicht zurückschreckte, wobei sie immer betonte, dass dabei Verletzungen von Menschen nicht hingenommen werden dürfen. Der Göttinger Steidl-Verlag hat das Werk jetzt in deutscher Sprache neu herausgebracht. Darin schildert Pankhurst die Vehemenz, mit der männliche Politiker zu Beginn des 20. Jahrhunderts das Frauenwahlrecht zu verhindern versuchten. Jahrelang reichten die Suffragetten - der Begriff kommt vom französischen "Suffrage" ("Wahl") - vergeblich Gesetzesvorlagen dazu ein.

Ab 1911 gingen sie deshalb zu militanten Aktionen über: Fensterscheiben wurden eingeschlagen, Briefkästen angezündet, die heute wie damals bei Politikern beliebten Golfplätze wurden in Brand gesteckt. Und die Regierung schlug zurück: Viele Aktivistinnen wurden verhaftet, auch Pankhurst saß mehrfach im Gefängnis. So wurde sie am 3. April 1913 als Drahtzieherin eines Bombenanschlags auf das Landhaus des britischen Schatzkanzlers David Lloyd George zu drei Jahren Haft verurteilt. In der Haft entdeckte sie die Waffe des Hungerstreiks. Zeitweilig trat sie sogar über Tage hinweg in einen lebensbedrohlichen Durststreik. Was folgte, war die Folter der Zwangsernährung. Die betroffenen Suffragetten mussten in der Folge wegen ihres sich rapide verschlechternden Gesundheitszustandes entlassen werden.

Trotz ihrer offensichtlich politischen Motive wurden die Frauen nicht als politische Gefangene anerkannt. Wie gewöhnliche Kriminelle wurden sie in der sogenannten zweiten Abteilung des Gefängnisses untergebracht.

Pankhurst spart in ihrer Autobiographie bewusst wichtige Kapitel ihres Privatlebens aus oder schneidet diese nur sehr kurz an. Ihre Heirat mit Richard Pankhurst 1879 wird in einem kurzen Satz abgehandelt. Ihr Leben als verheiratete Frau erwähnt sie augenscheinlich nur, um zu beweisen, dass Suffragetten eben keine verbitterten alten Jungfern sind, wie es damals über sie (und über Feministinnen noch viele Jahrzehnte später) behauptet wurde. Auch der tragische Tod ihres Sohnes 1889 findet keine Erwähnung. Das Buch ist voll und ganz ihrem politischen Vermächtnis gewidmet.

Pankhurst gehört bis heute zu den berühmtesten Protagonistinnen der frühen bürgerlichen Frauenbewegung. Dem Time Magazine zufolge gehört sie zu den 100 wichtigsten Menschen des 20. Jahrhunderts. Die militanten Aktionen der von ihr mitgegründeten Women's Social and Political Union (WSPU) gingen damals allerdings auch vielen Frauenrechtlerinnen zu weit. Zudem, und dieser Umstand ist wenig bekannt, gründete Pankhurst 1917 die "Women's Party" mit, die neben feministischen auch faschistoide und rassistische Standpunkte vertrat. Pankhurst hatte sich schon zuvor immer weiter von ihren einst eher sozialdemokratischen Überzeugungen entfernt. 1918 wurde die ehemalige Suffragette Mitglied der konservativen Partei.

Das volle Wahlrecht wurde den Frauen in Großbritannien erst im Juli 1928 zuerkannt - zehn Jahre nachdem es ihnen in Deutschland gewährt worden war. Emmeline Pankhurst erlebte dies nicht mehr. Sie verstarb knapp einen Monat vorher am 14. Juni 1928.

Rétablir l'original