Ich war gerade einmal 25 Jahre alt und hatte das Paradies gefunden. Im Schatten der Palmen auf der thailändischen Insel Koh Tao beobachtete ich die Fischerboote vor der Küste. Fast jeden Tag fuhr ich selbst hinaus aufs Meer und tauchte zu Korallenriffen 30 Meter unter der Wasseroberfläche. Einmal schwamm eine Meeresschildkröte nur ein paar Zentimeter vor meinem Gesicht vorbei - ein unvergesslicher Glücksmoment. In den Nächten feierte ich mit anderen Rucksacktouristen in der Fishbowl Bar, oft bis die Sonne wieder aufging.
Doch dieser Ort, an dem man so herrlich unbeschwert leben konnte, zeigte mir schon damals seine dunkle Seite. Die Mitarbeiter der größten Tauchschule auf der Insel erzählten mir von ihrem früheren Chef, Virat Asavachin, der von einer maskierten Person am helllichten Tag mit sechs Kugeln erschossen worden war. Gerüchte von mafiösen Strukturen auf der Insel machten daraufhin die Runde. Festnahmen gab es in dem Fall nie. Die Touristen strömten weiter ohne Bedenken auf die tropische Insel - bis offensichtlich wurde, dass Virat nicht der letzte war, der in dem Paradies unter unklaren Umständen sein Leben verlor.
Seit drei Jahren kommt die nur von 2.000 Einwohnern bewohnte Insel Koh Tao immer wieder in die internationalen Schlagzeilen - und zwar nicht wegen seiner spektakulären Strände und Tauchgebiete, sondern wegen der merkwürdig häufigen Todesfälle, die sich auf der Insel ereignen. Vergangene Woche meldete die Polizei ein weiteres Opfer: eine 30 Jahre alte Belgierin, die mitten im Dschungel Suizid begangen haben soll, was ihre Angehörigen aber massiv in Frage stellen. Die Zahl der Touristen, die seit 2014 auf Koh Tao verschwanden oder unter mysteriösen Bedingungen starben, stieg damit auf acht.