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Reportage

Der Auftrag

Zsolt Balla ist nach hundert Jahren der erste Militärrabbiner in Deutschland. Aber wie realistisch ist es, die Bundeswehr in eine Begegnungsstätte mit jüdischem Leben zu verwandeln? Unterwegs mit einem, der Seelsorger, Aufklärer und Brücke sein soll.

An normalen Tagen läuft man leicht an der Leipziger Synagoge vorbei. Außer dem Klingelschild deutet nichts auf den heiligen Ort hin, auf die maurischen Ornamente, die hölzernen Säulen, den goldenen Davidstern, all das, was sich hinter der schweren Eisentür verbirgt.

Aber an Tagen, an denen ein Militärbundesrabbiner in Deutschland sein Amt antritt, ist wenig normal. Polizeiwagen und Militärjeeps reihen sich bis ums nächste Straßeneck, Spürhunde wedeln mit dem Schwanz, die korallenroten Barette der Feldjäger leuchten in der Mittagssonne. Die Verteidigungsministerin wird bald aus einem schwarzen Wagen steigen, der israelische Botschafter tupft sich den Schweiß von der Stirn, Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland ist da. Das Fernsehteam vom MDR sitzt schon in der Synagoge, ein Junge hinter der Kamera nestelt an der Kippa herum, klipst sie ab und wieder an, bis sie bedenklich seitlich hängt. Immerhin, sie hält, als Annegret Kramp-Karrenbauer die Synagoge betritt und einem deutschen Militärbundesrabbiner 76 Jahre nach dem Holocaust die Hand schüttelt.

Wenn etwas nicht selbstverständlich ist, braucht es Zeichen. Etwas, das mehr erzählt, als das, was man sieht. Etwas, das erzählt, wohin die Reise gehen soll. Mal unabhängig davon, ob man das Ziel erreichen wird oder nicht. Wenn es um jüdisches Leben in Deutschland geht, braucht es meist viel Symbolik. Und wenn es darum geht, dass Jüdinnen und Juden für das Land kämpfen sollen, das sie einst verfolgte und vernichten wollte, dann bedarf es einiger Erklärungen.

Leipzig also, Ende Juni, es ist ein historisches Ereignis in der Brodyer Synagoge: Der siebenarmige Leuchter strahlt, Fotografen lehnen sich über die Brüstung der Empore, ein Männerchor aus Israel singt. Man feiert nach hundert Jahren wieder einen jüdischen Militärseelsorger in Deutschland. Dabei weiß man nicht mal, wie viele jüdische Soldaten und Soldatinnen es in der Bundeswehr gibt. 300, sagt das Verteidigungsministerium, gibt aber zu, dass die Zahl auf einer Hochrechnung beruht. Die Frage ist, warum es für so wenig Betroffene zehn geplante Rabbiner und ein Militärrabbinat in Berlin braucht? Wo es nicht einmal einen Militärimam gibt? Und überhaupt, die Bundeswehr als Begegnungsstätte mit dem Judentum - ausgerechnet.

Zsolt Balla ist ein geduldiger Mensch. Er sagt oft "Ich verstehe das", ob es um die Kritiker an der Bundeswehr geht, um Journalisten, die ihn interviewen möchten, um Fotografen, für die er lächeln muss, um Politiker, die ihm ihre Hände entgegenstrecken. Er ist 42 Jahre alt, ein junger Mann.

Einen Tag vor seiner Amtseinführung im Juni sitzt er in seinem Büro in Leipzig mit dunkelblau schimmernder Krawatte, Kippa. Ja, natürlich sei er aufgeregt. Auf seinem Schreibtisch liegen die Bücher Moses und hebräische Ausgaben über die Geschichte des Judentums. Jeden Tag steht er um fünf Uhr auf, liest, macht Sport, bevor er zuhört. Denn wie sorgt man sich überhaupt um eine Seele? Rabbi Balla lächelt und sagt dann mit derselben Ruhe, mit der er auch auf die unverständlichsten Fragen antwortet: "Man entwickelt Ohren."

Eigentlich hat Zsolt Balla als Landesrabbiner von Sachsen und Gemeinderabbiner von Leipzig genug zu tun, zusätzlich ist er jetzt Militärbundesrabbiner. Für ihn spielt die Zahl 300 keine Rolle. "Was wir wissen: Es gibt jüdische Soldaten. Und es gibt einen riesigen Bedarf an Austausch." Er nahm das Amt vor allem an, um Menschen, die nichts vom Judentum wissen, mit der Geschichte und Religion in Berührung zu bringen. Und klar, um Antisemitismus zu bekämpfen. Ein Militärrabbiner also als Medizin gegen Ressentiments?

"Deutschland steht heute auf der richtigen Seite der Geschichte, und wir müssen alles dafür tun, dass es so bleibt", sagt er mit seinem feinen ungarischen Akzent. Dabei ist Ballas Familiengeschichte nicht unberührt von den Verbrechen der Nazizeit.

In den ersten neun Lebensjahren weiß Zsolt Balla überhaupt nicht, dass er jüdisch ist. Er weiß nichts vom Holocaust, von den ungarischen Zwangsarbeitslagern, in denen sein Großonkel Eliezer umgebracht wurde, von Auschwitz, dem Ort, den seine Tante überlebte. Er kennt den Namen Raoul Wallenberg nicht, der schwedische Diplomat, der seine Mutter und seine Oma vor der Deportation rettete, er weiß nichts von den falschen Papieren und dem diplomatischen Haus, in dem sie sich versteckten. Balla wächst säkular im sozialistischen Ungarn auf. Er weiß nicht, was "alles" heißt, als sein Großvater, der genau weiß, was "alles" heißt, zu dem kleinen Jungen sagt: "Man kann dir alles nehmen. Aber was du im Kopf hast, das kann dir keiner nehmen."

Er hört auf den alten Mann: Er liest. Die Eltern, die wissen, was der Großvater meint, kaufen dem Kind Bücher, zögern nicht bei den teuren. Als die Kirchen langsam wieder Einfluss gewinnen im kommunistischen Ungarn, will er sich an einem Sonntag 1988 in die Straßenbahn setzen, um drei Haltestellen zur neu eröffneten katholischen Bibelschule zu fahren und mehr über sein Lieblingsbuch, die Bibel, zu erfahren. Da nimmt die Mutter ihn zur Seite und sagt ihm, dass er jüdisch ist.

Für Balla ist das Judentum ein "Ozean". Einige Jahre steht er am Ufer, besucht eine säkulare Schule in Budapest, aber mit 17 spürt er "eine kognitive Dissonanz" in sich. Er weiß, dass er jüdisch ist, aber er handelt nicht danach. Also legt er sich aufs Wasser, lässt sich treiben. Er lernt über die Bedeutung des Schabbat, geht zur Synagoge. Dann trägt ihn eine Welle ausgerechnet nach Deutschland, um dort über ein Stipendium in Berlin eine Talmudschule zu besuchen. "Ich habe immer gedacht, dass ich keine Ressentiments habe, und war glücklich, aus einer weltoffenen Familie zu kommen", sagt Balla. "Und trotzdem, als ich das erste Mal die Grenze von der Tschechei nach Deutschland überquert habe, dachte ich: Bist du verrückt? Jetzt kommst du nach Deutschland, auf einem Zug, um über das Judentum zu studieren?"

Doch dann steht da am Ostbahnhof ein junger Mann mit Schläfenlocken, mitten in Berlin, und holt ihn ab. Und Balla bleibt länger als geplant in Deutschland. Er bleibt so lange, bis er 2009 einer der beiden ersten in Deutschland ausgebildeten orthodoxen Rabbiner der Bundesrepublik wird und Wolfgang Schäuble von einem "historischen und theologischen Ereignis" spricht.

An diesem Junitag 2021 in Leipzig ist Balla also wieder ein Ereignis. Er sitzt neben seiner Frau, die ihm immer wieder zulächelt. Er schaut hoch zu den Rednern, verpasst keines der Worte, nickt verlegen, als Kramp-Karrenbauer sagt, man freue sich in der ganzen Armee auf ihn, auch beim Taktischen Luftwaffengeschwader in Nörvenich. Das kleine goldene Kreuz am Hals der Verteidigungsministerin wackelt, als sie von "einem Tag von großer Tragweite" spricht. Und dann sagt sie etwas, das durch die häufige Betonung fast paradox wirkt: "Wir stärken heute etwas, das gerade vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte sehr viel wiegt, obwohl es beinahe banal klingt: Normalität."

Den hunderttausend jüdischen Soldaten im Ersten Weltkrieg dankte man mit der Dolchstoßlegende

Und manchmal ist die Normalität verrückt, wie der Oberrabbiner Andreas Nachama wenig später sagt: Was seine Eltern, beides Holocaust-Überlebende, zu dieser Zeremonie gesagt hätten? Ob sie ihn für meschugge gehalten hätten?

Denn normal klingt das alles ganz und gar nicht. Ein Rabbiner für die Armee eines Landes, das für den Holocaust verantwortlich ist. Ein Land, das es seinen jüdischen Bürgern nie leicht machte, das die hunderttausend jüdischen Soldaten nach dem Ersten Weltkrieg für ihren Einsatz und die 12 000 Gefallenen mit Verschwörungsmythen, Hass und der "Dolchstoßlegende" strafte.

Die Normalität ist eine Sehnsucht. Selbst als es zum letzten Mal deutsche Feldrabbiner gab, als jüdische Soldaten in den Schützengräben lagen, als sie für das Kaiserreich marschierten, als sie hofften, jetzt werde die deutsche Gesellschaft sie endlich akzeptieren, schnitt der preußische Kriegsminister eine neue Wunde in das verletzliche deutsch-jüdische Verhältnis: Mitten im Krieg ordnete er 1916 die "Judenzählung" an, getrieben von antisemitischen Stimmen im Reich. Die lästerten, die jüdischen Bürger drückten sich vor der Front - was nicht stimmte. Die mit fragwürdigen Mitteln erhobene Statistik landete in einem Geheimfach und blieb bis Kriegsende verborgen. Sie entsprach nicht den Hoffnungen der Antisemiten. Zurück blieben Raum für Spekulationen und bittere Enttäuschung bei den jüdischen Soldaten, die man in zahlreichen Tagebucheinträgen nachlesen kann, wie zum Beispiel beim jüdischen Feldwebel Julius Marx: "Pfui Teufel! Dazu also hält man für sein Land den Schädel hin!"

Für die Enttäuschung braucht man nicht hundert Jahre zurückgehen, auch keine 70, es reicht eine Woche vor der Amtseinführung, als schlechte Nachrichten aus Litauen kommen. Soldaten sollen rechtsradikale und antisemitische Lieder gesungen haben, am 20. April sogar ein "Geburtstagsständchen" für Adolf Hitler. Schlägereien, sexuelle Nötigung, Alkohol. Kramp-Karrenbauer zieht den gesamten Panzergrenadierzug vom Nato-Einsatz ab. Ein Jahr zuvor will die Ministerin mit "eisernem Besen" bei der Spezialeinheit KSK aufräumen wegen rechtsextremer Umtriebe, geheimer Waffenlager und Schweinekopfpartys mit Nazirock und Hitlergruß. Der Militärische Abschirmdienst (MAD) verzeichnet seit einigen Jahren immer mehr Verdachtsfälle von Rechtsextremismus in der Bundeswehr. Und da ist noch nicht die Rede von Franco A., dem Offizier, der angeklagt ist, weil er sich als syrischer Flüchtling getarnt haben soll, um einen Anschlag auf Politiker zu verüben.

Wie soll ausgerechnet hier der Schritt in die Normalität gelingen? Eine Normalität, die es so nie gegeben hat.

Er trage die Last der Geschichte auf seinen Schultern, sagt Balla. Und er trägt sie in seinem Blick, als er als letzter Redner an diesem Tag in der Brodyer Synagoge ans Pult geht. Seine Stimme versagt kurz, als er die Gäste begrüßt. Aber mit jedem Satz wird er entschlossener. Seine Religion verpflichte ihn dazu, den Ort, an dem er lebe, durch seine Handlungen besser zu machen. Er will dieses Deutschland besser machen. Er empfände ungeheure Dankbarkeit, "in einem Land leben zu dürfen, das sich seiner Vergangenheit gestellt hat".

Wie ernst er es damit meint, zeigt sich an der Wahl seiner ersten Amtshandlung zwei Wochen nach der Zeremonie in Leipzig. Balla fängt da an, wo das Selbstverständnis aufhört. An einem heißen Julitag ist der deutsche Militärrabbiner mit der Bundeswehr und israelischen Soldaten im ehemaligen KZ Dachau.

Denn in Deutschland führt die Reise zur Normalität meistens an der Vergangenheit vorbei.

Die Luft flirrt an diesem Dienstag über den Gräben, dort, wo einst die Baracken standen. Vormittags rennen noch Schüler mit tief hängenden Rucksäcken und ihrer Beute aus McDonald's in den Händen zur Mauer vor dem Eingang der Gedenkstätte des KZs Dachau. "Mann, die haben mir Sour Cream statt Ketchup gegeben." Mädchen in bauchfreien Tops und eine gehetzte Frau mit Handy am Ohr laufen vorbei. Gegen Nachmittag müssen alle die Gedenkstätte verlassen, eine Delegation der israelischen Luftwaffe ist auf dem Weg, fliegt eskortiert von Eurofightern Richtung München. Dass sich die Truppe in Deutschland befindet, ist geheim. Die Presse darf erst nach Abflug darüber berichten und keine Namen nennen. Die Sicherheitsmaßnahmen sind hoch, wenn der militärische Nachwuchs für eine Woche durch Deutschland reist.

Seit Kurzem arbeiten die beiden Luftwaffen enger zusammen, und auch das soll Zsolt Balla unterstützen, wie der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff einen Abend zuvor bei der Ankunft der Israelis sagt. Fast noch wichtiger als die Seelsorge jüdischer Soldaten sei die Aufgabe, der Bundeswehr über jüdisches Leben zu erzählen. "Und das Zweite" - wobei er damit schon das Dritte aufzählt: "Ich würde vom Militärrabbi auch erwarten, dass er eine Brücke nach Israel ist." Seelsorger, Aufklärer, Brücke. Ein Rabbi in der deutschen Bundeswehr. Balla sagt an diesem Tag in Dachau mit Schweißperlen auf der Stirn: "Das hier ist ein wichtiges Zeichen."

Und dann stehen sie auf dem Appellplatz, dort, wo einst Häftlinge nächtelang standen, den Blick zum Boden, Scheinwerfer von allen Seiten, und wehe jemandem versagten die Beine. Sie teilen sich heute in Grüppchen für einen "Rundgang", das Wort "Führung" versucht man zu vermeiden. Deutsche in Uniform stellen sich neben die Israelis in hellblauen Hemden. Die silbernen Wappen, Sterne und Eichenkränze glänzen in der Mittagssonne. Mittendrin mit Anzug und Kippa: Rabbi Balla.

Ein Holocaust-Überlebender, der 93-jährige Abba Naor, ist auch gekommen. Als das einer der israelischen Soldaten hört, läuft er zu dem elegant gekleideten Mann, ob Naor seinen Großvater kenne, der sei auch in Dachau gewesen. Natürlich, sie flohen beide nach Palästina, seien Freunde gewesen. Unglaublich, sagt der Soldat. Er weiß nicht viel über diese Zeit im Leben seines Großvaters. "Nein", sagt Naor. "Lo diber." Er redete nicht. Nicht darüber.

"Brausebad" steht über der Holzschwelle zur Gaskammer. Es knarzt bei jedem Eintretenden

Stumm stapfen sie über den Kies die breite Lagerstraße entlang, im Schatten der hohen Pappeln. Es sind die gleichen, nicht dieselben Bäume wie damals. Man pflanzte sie neu, nachdem die Alliierten die alten abgesägt hatten. Das Rascheln ihrer Blätter und das Knirschen der Stiefel im Kies sind zeitweise die einzigen Geräusche, die man hört. Die Soldaten sind still geworden. Eine Referentin der Gedenkstätte, die die Gäste herumführt, holt alle möglichen Zeitdokumente aus ihrer Umhängetasche. Einen ehemaligen Lagerplan. Ein Schild mit bunten Dreiecken, die Kennzeichnung der Häftlinge: rosa für Homosexuelle, schwarz für "Asoziale", gelb für Juden. Eine laminierte Karte des Deutschen Reichs. Sie fragt in die Runde, wie viele Lager und Außenlager es in Europa gegeben hätte? "Just make a guess", ermuntert die Frau mit Strohhut. Die zwei deutschen Soldaten wissen es genau so wenig wie die israelischen. "Seven", sagt eine Israelin. "Seven thousand", ein anderer. Na ja, nicht ganz, sagt die Frau mit Strohhut. Es gab etwa 1000 Stamm- und Außenlager.

Vor dem Krematorium gibt es nichts mehr zu sagen, die Frau mit dem Strohhut wartet draußen. Rabbi Balla geht langsam los zur Baracke mit dem Schornstein. "Brausebad" steht über der Holzschwelle zur Gaskammer, es knarzt bei jedem Eintretenden. Zwei Israelis holen ihre Handys raus, machen Fotos vom gefliesten Boden, den Gullys, den Löchern in der Decke.

Angela Merkel sagte vor zwei Jahren bei ihrem Besuch in Auschwitz, dass man das Leid, das dort verursacht worden sei, mit Menschenverstand nicht fassen könne. Ein junger Israeli steht vor den Öfen in Dachau und sagt etwas Ähnliches. Er könne das Ausmaß des Schreckens nur schwer begreifen. "It is amazing", sagt er, und schiebt nach einer Weile den zweiten Teil hinterher: "Amazingly horrible."

Als Zsolt Balla wieder draußen ist, hält er ein kleines, graues Gebetsbuch in der Hand. Der Wind bläht die israelischen Flaggen vor der jüdischen Gedenkstätte wie Segel auf. Die etwa 80 Soldatinnen und Soldaten aus Israel und Deutschland stehen vor ihm. Er betet auf Hebräisch, singt erst kräftig, dann fast flehend: "Jeladim we Jeladot", den Jungen und Mädchen, den Männern und Frauen - den Verfolgten.

Für manche Soldaten ist es das erste Mal in einem ehemaligen KZ. Ein groß gewachsener Pilot steht da, er heißt Hendrik Schmitt, und sagt, dass diese Tage mit den israelischen Soldaten eine Erfahrung fürs Leben seien. Er hätte so vieles nicht gewusst, so vieles jetzt erst verstanden. Auch Alltägliches, zum Beispiel das mit dem "Hendl". Koscher, da habe er immer gedacht, ja gut, da könnten sie ja ein Hendl essen. "Ja, nee." Besteck, Teller, selbst die Küche muss koscher sein. "Aber so ist das. Man liest viel, aber wenn man's jetzt selbst erlebt, ist's halt was anderes."

Zehn Minuten bevor der Regen einsetzt, steigen alle in den Bus. Sie ziehen die Hemden und Jacketts aus. Plötzlich wird es wieder laut, sie reden auf Hebräisch, Englisch, Deutsch. Jemand wirft eine Tüte "Bamba", israelische Erdnussflips, über die Sitzreihen hinweg. Ein Bus voller aufgeregter junger Menschen.

Nur Rabbi Balla sitzt still und erschöpft am Fenster. Heute muss er kein Zeichen mehr sein.