Plötzlich ist es dunkel: Als Stephan Dietrich nach zwei Wochen Koma die Augen öffnet, sieht der damals 18-Jährige nichts mehr. Ein Autounfall nimmt ihm sein Augenlicht.
München - Auch Hunde haben einmal einen schlechten Tag. Stephan Dietrich zerrt am Geschirr des Labradors. Doch der bullige schwarze Rüde bewegt sich keinen Zentimeter. „Denny! Du blamierst mich! Auf jetzt, zur Wiese!", schimpft er. Nur langsam setzt sich der Hund in Bewegung. Behäbig tapst er über den Asphalt, der sich an diesem schwül-heißen Sommertag schon am frühen Nachmittag aufgeheizt hat.
„Normalerweise klappt das besser. Aber vielleicht ist ihm einfach zu warm", sagt der 30-Jährige, während er sich von Denny über den schmalen Weg leiten lässt, der von seiner Wohnung hin zur Straße führt. Wenn Stephan Dietrich durch sein Viertel in Neuhausen-Nymphenburg spaziert, ist der Labrador sein wichtigster Begleiter. Denn seit er 18 Jahre alt ist, kann er nicht mehr sehen. Denny kam vor sechs Jahren zu ihm. Seitdem sind sie unzertrennlich. Der Labrador kommt mit zur Arbeit, zum Einkaufen, zu Treffen mit Freunden. „Nicht streicheln - ich arbeite!", steht in großer Schrift auf dem neonfarbenen Geschirr des Hundes.
Als er nach zwei Wochen Koma die Augen öffnet, bleibt alles dunkelStephan Dietrich kommt eigentlich aus Thüringen. Aufgewachsen ist er in der 1000-Einwohner-Gemeinde Riethnordhausen nahe Erfurt. Viel geboten ist dort für junge Leute nicht. Wer etwas erleben will, braucht ein eigenes Auto. Und Autos sind Stephan Dietrichs große Leidenschaft. Nach dem Schulabschluss begann er eine Lehre als Kfz-Mechatroniker. Den Wunsch nach einem eigenen Auto erfüllte er sich kurz nach seinem 18. Geburtstag. Irgendwann einmal als Teil der Boxencrew bei einem Formel-1-Team zu arbeiten, das war sein großes Ziel. Doch dann passierte der Unfall.
„Eine ganz blöde Sache", sagt Stephan Dietrich. Er war auf dem Weg in die Werkstatt, zur TÜV-Abnahme für das neue Auto. Eigentlich eine ganz normale Fahrt. Bis zur Kurve. Da stößt der Fahranfänger mit einem Lastwagen zusammen. Rettungskräfte bergen ihn aus den Trümmern. Zwei Wochen liegt er im Koma. Als er die Augen aufschlägt, bleibt alles dunkel. Die Ärzte sagen, dass sein Gehirn in dieser Zeit angeschwollen ist und auf den Sehnerv gedrückt hat. „Dadurch bin ich erblindet", erklärt er.
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