Tausende Neonazis trafen sich im kleinen Themar. Menschen wie Thomas Jakob wehrten sich, mit Gegendemos und Zäunen. Es hat sich gelohnt - und den Ort verändert.
Erschienen am 23.10.2019
Wie klingen 6000 Neonazis? Thomas Jakob wird es nicht vergessen. Der 39-Jährige sitzt am Küchentisch seines Elternhauses im thüringischen Themar und beim Gedanken an das, was 2017 hier geschah, bekommt er immer noch Gänsehaut. 300 Meter ist er hier von der Wiese entfernt, auf der vor zwei Jahren eines der größten Rechtsrockkonzerte der deutschen Geschichte stattfand. „Wir können bei uns zu Hause jedes Wort verstehen, was drüben bei den Konzerten gesprochen wird", sagt er. Damals habe man erst nicht gewusst, wie viele Rechtsextreme gekommen waren. „Aber als die alle ,Heil' und ,Rudolf Heß' riefen, wurde uns klar: Das müssen Unmengen von Leuten sein. Es war beängstigend."
Nach diesem Konzertwochenende im Juli 2017 kamen Rechtsextreme immer wieder zu Rechtsrockveranstaltungen nach Themar. Bands mit Namen wie „Sturmwehr" reisten an, Neonazis trugen T-Shirts, auf denen „Auch ohne Sonne braun" und „HKNKRZ" stand, im Festzelt riefen sie „Frei, sozial und national". Die 2800-Einwohner-Stadt Themar kam zu Bekanntheit. Sie wurde zur Chiffre für raumgreifenden Rechtsextremismus.
Doch es hat sich etwas gedreht. Dass sich Themarer wie Thomas Jakob von Anfang an gegen diese Konzerte engagierten, hat Früchte getragen. Das Zusammenspiel zwischen dem Demokratiebündnis in der Region, den Behörden und der Polizei macht es für die Rechtsextremen immer ungemütlicher. In diesem Jahr floppten zwei Konzerte - bei einem war die Stimmung mies, das andere wurde verlegt und fiel wesentlich kleiner aus als geplant. Thomas Jakob sagt, lange hätten er und seine Mitstreiter das Gefühl gehabt, ihr Engagement sei vergebens. „Das reibt einen irgendwann auf. Deswegen ist es unheimlich wichtig, dass dieses Jahr so gut gelaufen ist."
Die Geschichte von Themar erzählt davon, dass es sich lohnen kann, dranzubleiben. Aber sie erzählt auch davon, wie diese Auseinandersetzung einen Ort verändert. Denn Themar ist heute gespalten, zwischen denen, die laut gegen Neonazis protestieren, und denen, die sagen: Lasst sie doch, die machen doch nichts und räumen ihren Müll hinterher selbst wieder weg. Der Bürgermeister Hubert Böse sagt, die Menschen hätten ihre Unbefangenheit im Umgang miteinander verloren.
An einem verwaschenen Herbsttag läuft Thomas Jakob in einer blauen Windjacke die Bundesstraße entlang, von seinem Elternhaus zur Wiese. (...)
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