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Wie die rechte Szene ihren Nachwuchs rekrutiert

Plötzlich, so schien es, wählen auch viele junge Menschen AfD. Doch Rechte arbeiten schon länger an einer Gegenkultur, die für den Nachwuchs attraktiv ist. Jetzt beginnt die Strategie aufzugehen.

Erschienen am 24.10.2019

Es klingt wie Gangster-Rap. Eingängige Beats, düsterer Ton. Doch der Text handelt nicht von schweren Autos, Frauen oder Geld. Der Rapper Chris Ares tönt: „Ich bin rechts und unser Kommen ist europaweit zu spüren." Er droht: „Eure vollvermummten Punk-Visagen werden mittels Panzerwagen durch das ganze Land gejagt, um euch Maden dann anzuklagen." Und: „Nach der deutschen Wende, wenn das Land in unsren Händen ist, dann seh'n wir, wen's am Ende trifft und wer von uns verängstigt ist."

Extrem rechte Botschaften, verpackt in ein populäres Genre. Chris Ares - der Rapper hat sich benannt nach dem griechischen Gott des Krieges - steht im Visier des Verfassungsschutzes. Und er hat Fans. Sein Song „Neuer Deutscher Standard" schaffte es im September laut dem Musiksender MTV auf Platz sechs der wöchentlichen Download-Charts.

Man stößt irgendwann auf solche Musik, wenn man Antworten auf die Fragen sucht, die sich viele nach den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg stellten - und wohl auch nach der anstehenden Wahl in Thüringen wieder stellen werden. Wie kann es sein, dass die AfD in diesen Bundesländern unter jungen Menschen stärkste oder zweitstärkste Kraft wurde? Wie weit verbreitet ist rechtes Gedankengut unter jungen Menschen - existiert so etwas wie eine rechte Jugendkultur?

Wer mit Aussteigern spricht, mit Streetworkern, mit Wissenschaftlern, rechten Aktivisten und jungen AfD-Anhängern, der merkt: Es gibt sie zwar noch, die jungen Skinheads, die Rechtsrock hören und Bomberjacke tragen. Aber die Szene ist diverser geworden. Hippe Nationalisten in Poloshirts sind dazugekommen, rechte Rapper, rechte Youtuber, rechte Sportevents, Smartphone-Apps für Rechte, sogar rechte Comedy.

Doch auch wenn es auf den ersten Blick so aussehen mag: Das ist keine neue Bewegung, keine Kultur, die aus der Jugend heraus entsteht. Vielmehr kapern Rechte gezielt popkulturelle Strömungen und nutzen sie dazu, Nachwuchs zu rekrutieren und nationalistisches Gedankengut zu verbreiten. Und die Strategie scheint zu funktionieren.

„Wir warnen seit Jahren vor dieser Entwicklung", sagt der sächsische Streetworker Sascha Rusch. Das Ergebnis zeichnet sich auch in der Mitte-Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung ab, die seit 2006 im Zwei-Jahres-Rhythmus das Ausmaß rechtsextremer Einstellungen in Deutschland ermitteln lässt. „Die Jüngeren - bis dato weniger menschenfeindlich und rechtsextrem eingestellt als Ältere - ziehen bei einer Reihe von Abwertungen und Dimensionen rechtsextremer Einstellungen nach", heißt es da.

An einem sonnigen Tag im September sitzt Martin Kohler an der Spree. (...)

Den ganzen Text lesen Sie bei tagesspiegel.de.

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