ZEIT für Unternehmer: Herr Hackethal, Sie forschen seit Langem zu professioneller Finanzberatung. Was ist die größte Herausforderung insbesondere für Family-Offices?
Andreas Hackethal: Die Zinsen sind auf dem Tiefststand, und jetzt zieht auch noch die Teuerungsrate an. Um große Vermögen langfristig zu erhalten, müssen sich Family-Offices also etwas einfallen lassen. Und so steigen nicht nur die Anteile von Immobilien und Aktien, sondern auch die von alternativen Anlageklassen wie etwa Beteiligungskapital.
ZEIT für Unternehmer: Das klingt riskant.
Hackethal: Ohne Risiko keine Mehrrendite. Tatsächlich wurden Beteiligungs-Fonds zuletzt mit zugeschüttet. Zwischen 2014 und 2019 haben sich die eingesammelten Mittel in Europa und auch in Deutschland verdoppelt, und mehr als ein Zehntel der Mittel stammt von Family-Offices. Ob die profitablen Anlagegelegenheiten Schritt halten, muss sich noch zeigen. Zur Streuung tragen die Alternativen aber sicher bei.
ZEIT für Unternehmer: Family-Offices beteiligen sich auch direkt an Unternehmen ...
Hackethal: ... und gehen so das kalkulierte Risiko von Totalausfällen ein: Die meisten Start-ups überleben nicht, sodass sich Direktbeteiligungen langfristig nur auszahlen können, wenn im Family-Office herausragende Branchenexpertise existiert und die Engagements als Beimischung behandelt werden.
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ZEIT für Unternehmer: Was ist mit Bitcoin und Gold?
Hackethal: Meiner Meinung nach sollten Crypto-Assets und Edelmetalle auch von Family-Offices nur als Beimischungen mit kleinem Portfolio-Anteil genutzt werden. Beide werfen im Gegensatz zu Immobilien und Aktien aus sich heraus keine Renditen ab. Und Family-Offices können hier keine privilegierten Marktzugänge oder gar Preisvorhersagen bieten.
ZEIT für Unternehmer: Wie lässt sich erkennen, ob ein Vermögensverwalter das Geld gut anlegt?
Hackethal: Vermögensverwaltung ist wie Finanzberatung ein sogenanntes Vertrauensgut: Der Anlageerfolg lässt sich nur langfristig messen, und ob Glück oder Können dahinterstecken, lässt sich kaum verlässlich ermitteln. Das ist anders als beim Friseur oder beim Architekten, die Erfahrungsgüter liefern: Man erkennt schnell, ob die Leistung passt. Die Auswahl eines Family-Offices ist daher notwendigerweise Vertrauenssache, und feines Ambiente und seriöses Auftreten allein genügen nicht. Auch höhere Kosten dürften nur ein schwacher Indikator für bessere Leistung sein, mindern sie doch auch direkt die Rendite.
ZEIT für Unternehmer: Sollte man also lieber gleich auf einen Experten verzichten?
Hackethal: Nein, es geht ja nicht nur um Risiko und Rendite. Family-Offices übernehmen eine ganze Palette von Aufgaben für ihre Klienten, bei denen sich guter Rat auszahlt. Nicht zuletzt in Form von geringeren psychologischen Kosten: Alle können ruhiger schlafen, vermeiden Streit, und wenn der Anlageerfolg ausbleibt, gibt es sogar einen Sündenbock, auf den man Misserfolge schieben kann.