Vier Kinder stehen im Kreis, alle unterschiedlich groß, alle jünger als zehn Jahre. "Meine Maske ist innen weiß", sagt der Zweitkleinste und zieht den Mund-Nasen-Schutz runter, um ihn zu wenden und das Gesagte zu beweisen. Die anderen drei tun es ihm gleich, vertieft in die vergleichende Forschung. Die Eltern sitzen ein paar Meter weiter um silberne Aluminiumtische. Sie trinken Wein und Bier, lachen, greifen gelegentlich in den Korb voller Kartoffelchips, der in der Tischmitte steht. Die obligatorischen Masken hängen von Kinn, Ellbogen oder Handgelenk.
Die Madrilenen lassen sich ihr Wochenende nicht von Corona verderben. Dabei erregt die Lage in der Hauptstadt erneut Besorgnis im ganzen Land. Ein Drittel der spanienweit Infizierten befindet sich hier. Trotzdem ist die rechtskonservative Madrider Regionalregierung vergleichsweise zögerlich, was erneute Einschränkungen angeht. Die autonome Region Aragonien hat durch strengere Maßnahmen zuletzt innerhalb eines Monats die Zahl der Infizierten von über 550 Fällen pro 100 000 Einwohner auf knapp 300 gesenkt. In Madrid kamen in den vergangenen zwei Wochen 473 Fälle auf 100 000 Einwohner. Mitte August waren es noch 366. Die Todeszahlen sind in dieser zweiten Infektionswelle verglichen mit dem Frühjahr niedrig. Doch auch sie steigen und so gibt es jetzt, in der zweiten Septemberwoche und mit Schulbeginn, auch im Zentrum Spaniens wieder neue Restriktionen. Das Rauchen ist von nun an draußen verboten, wenn der Abstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann. Und man darf sich maximal in Gruppen von zehn Personen treffen.
Am Wochenende scheint der Sinn dieser Maßnahmen zweifelhaft. Paare gehen Hand in Hand durch den Retiropark im Zentrum der Stadt. Fahrradfahrer, Inlineskater und Jogger kreuzen die Wege der Familien, die zum Entenfüttern gekommen sind oder zum Picknicken. Man genießt es, wieder ein madrilenisches Leben zu führen. Nicht in der Wohnung, sondern draußen.