Zur Person Jacinda Nandi Die Britin Jacinda Nandi studierte moderne Sprachen. Sie arbeitet als Englischlehrerin in Berlin und schreibt unter anderem für die taz, The Guardian und ihren eigenen Blog. Sie ist bekannt durch Auftritte auf Lesebühnen.
Flavia Dzodans, eine schwarze Feministin aus den Niederlanden, hat gesagt: „My feminism will be intersecional or it will be bullshit". Jeder sollte versuchen, intersektional zu denken. Es ist jedoch für Menschen schwer, eigene Privilegien anzuschauen. Ich bin nicht-weiß, Ausländerin und eine Frau. Wird man konfrontiert mit den eigenen Privilegien, fühlt es sich wie ein Angriff an. Es gibt eine natürliche Abwehrreaktion. Es triggert die Menschen: Kann es sein, dass ein weißer ObdachloserPrivilegien hat, die Oprah Winfrey als schwarze Frau und Millionärin nicht hat? Aber es ist kein Elends-Wettbewerb.
Das Ziel kann nicht sein, perfekt zu sein. Wir sind Menschen, keine Roboter - wir sind alle rassistisch. Es gibt diesen Online-Test zu unbewussten Assoziationen, der zeigt, dass auch schwarze Menschen negative Assoziationen bei bestimmten Wörtern haben. Wichtiger ist, zu sich selbst ehrlich zu sein. Dein rassistischer Freund ist vielleicht schwul, dein islamophober Freund vielleicht Hindu. Menschen sind schwierig.
Ich bin nicht-behindert, das ist ein großes Privileg. Ich bin eine englischsprechende Ausländerin, das ist auch ein großes Privileg. Ich kann in die Schaubühne gehen und die Obertitel sind auf Englisch. Ich werde nicht wie eine Ausländerin behandelt, sondern als wäre ich besser als die Deutschen. Ich glaube, das ist ein Berlin-Ding. Niemand greift dich an, weil du auf dem Spielplatz englisch mit deinem Kind sprichst. Mein Sohn soll in der Schule nicht türkisch oder arabisch sprechen. Solche Verbote gibt es für Englisch nicht. Ich weiß nicht, wie es ist, ein Mann oder eine weiße Frau zu sein. Vieles, was weiße Frauen, die nie im Ausland gelebt haben, sexistisch finden, habe ich nie als sexistisch empfunden. Ich habe immer gedacht, die reden so mit mir weil ich eine Ausländerin bin. Ich habe vielleicht so manchen Sexismus verpasst (lacht). Wenn ein Mann sagt, Frauen können nicht schreiben, glaube ich, er unterschätzt mich, weil ich eine Ausländerin bin, die in deutscher Sprache schreibt.
Du bist in England aufgewachsen. Ist der Feminismus dort anders als hier?
Ich bin in Nordost-London, aufgewachsen und mit 20 Jahren nach Deutschland gekommen. Feminismus war in England viel cooler. Als ich in Deutschland ankam, habe ich viele Frauen kennengelernt, die von sich sagten, sie seien keine Feministinnen. In England sagen alle, sie seien feministisch. Ich finde beispielsweise den Film Dirty Dancing feministisch. In Deutschland ist Feminismus gerade in Mode. Ich finde das nicht schlimm. Es gibt schlimmere Hobbys.
Wie muss ein Feminismus aussehen, der für die Rechte aller Frauen oder aller Menschen kämpft?
Ich bin nicht der Meinung, dass Frauen dasselbe erreichen müssen, wie Männer. Väter aber sollten weniger arbeiten dürfen. Es muss nicht sein, dass Frauen genauso viel verdienen wie Männer. Wir wollen befreit sein. Es soll leichter sein, Kind und Karriere und keinen Mann zu haben. Wir reden oft über Abtreibung. Ich glaube, in einer Welt, in der Frauen befreit sind, müssten viele Abtreibungen nicht stattfinden.
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Interview: Mareike Thuilot
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