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So werben Stormarns Politiker um junge Wähler

Jusos diskutieren im Stadthaus Bargteheide: Simone von Pein (28, r.), Ehefrau des Landtagsabgeordneten Tobias von Pein, und Pheline Krohn (20), Schülerin aus Ahrensburg Foto: Marc R. Hofmann

Am 7. Mai bestimmen erstmals 16- und 17-Jährige mit über den Landtag. Wer motiviert sie zum Urnengang?

Bad Oldesloe. Landauf, landab sind die Direktkandidaten für die Landtagswahlen unterwegs, stellen sich in Gymnasien, Gemeinschafts- und Beruflichen Schulen den Fragen junger Wähler. Manchmal mehrmals an einem Tag. Hier sind die Säle voll, die überwiegend minderjährigen Schüler müssen teilnehmen, egal ob politisch interessiert oder nicht. Dabei sind einige der Wahlkämpfer selbst noch ziemlich jung. Der Grüne Malte Harlapp zum Beispiel ist erst 20 Jahre alt, andere Kandidaten wie Tobias von Pein (SPD) auch gerade erst über 30. Das Abendblatt sprach mit ihnen und Vertretern der Jugendorganisationen, wie sie die jungen Wähler erreichen wollen, die am 7. Mai erstmals bereits mit 16 Jahren an die Urnen treten dürfen.

"Bei Pizza und Politik", sagt Torben Hermann, Kreisvorsitzender der SPD-nahen Jungsozialisten (Jusos), "können politisch Interessierte mit uns ungezwungen in Kontakt kommen, Fragen stellen und miteinander über aktuelle Ereignisse diskutieren." Zum Besuch von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz in Ahrensburg konnten Partei-Sympathisanten beim "Canvassing" selbst aktiv werden.

Gibt es eine Strategie für minderjährige Wähler?

Der Begriff aus dem Englischen bedeutet mit Doppel-S geschrieben Wahlkampf, während "Canvas" eine Leinwand bezeichnet. Als Aufsteller auf Autodächern befestigt, machten sie anschließend die Besucher der Diskussionsveranstaltung auf Forderungen der Jusos aufmerksam, zum Beispiel nach einem bezahlbaren Azubi-Ticket für das ganze Land. Überhaupt hätten es die jungen Wähler den Jusos zu verdanken, dass sie nun wählen dürften. "Das war eine unserer langjährigen Forderungen. Die Idee dazu kam aus Stormarn", sagt Tobias von Pein, der bereits für die SPD im Landtag sitzt.

"Jugend kann für sich selbst sprechen", ist auch Malte Harlapp überzeugt. Der junge Reinbeker leistet gerade seinen Bundesfreiwilligendienst und will für den Stormarner Süden in den Landtag. Er sieht die Glaubwürdigkeit seiner Partei durch die Nominierung junger Kandidaten wie ihn gestärkt. Öffentlicher Nahverkehr, artgerechte Tierhaltung und soziale Gerechtigkeit seien Themen, für die sich die Grünen einsetzten und die bei jungen Wählern Anklang fänden. "Die vertreten wir auch offensiv in den sozialen Netzwerken", so der 20-Jährige.

Jugendorganisationen der Parteien setzten auf soziale Netzwerke

Ein eigenes Programm, eine Strategie, wie speziell die minderjährigen Wähler angesprochen werden können, scheinen die meisten Parteien nicht zu haben. "Ich glaube nicht, dass sich die Themen der 16- bis 17-Jährigen so stark von denen der etwas älteren Erstwähler unterscheiden", gibt Nils Warnick zu bedenken. Er ist Vorsitzender der Jungen Union (JU) im Kreis. Warnick hofft, dass die CDU mit ihrer Forderung nach einer Rückkehr zum Abitur nach neun Jahren bei den jungen Leuten punkten kann. "Das ist ein Thema, das sie gut nachvollziehen können." Auch seien sie nicht per se desinteressiert an Politik, so der 22-jährige Student aus Ahrensburg. Besonders gefreut habe er sich über die vielen Schüler und jungen Erwachsenen bei Wahlkampfveranstaltungen wie dem Besuch von CDU-Finanzminister Wolfgang Schäuble im Schulzentrum Glinde. "Die war abends, das war keine Pflichtveranstaltung", sagt der JU'ler. Natürlich wünscht er sich noch mehr politisches Engagement, sagt aber auch: "Das steht gerade bei den jungen Leuten auch in Konkurrenz zu anderen Aktivitäten wie Sport." Wichtig sei ihm zu vermitteln, dass Politik auch Jugendliche betreffe. Er hofft, dass mit der Möglichkeit zu wählen auch das Interesse steige. Sich für eine Partei zu engagieren sei aber nach wie vor nicht so angesehen. "Manche gucken schief, wenn sie davon hören", sagt der Nachwuchspolitiker.

Für die Jungen Liberalen (JuLis) sind gerade die sozialen Netzwerke im Wahlkampf wichtig: "Allerdings wird Facebook gerade von den unter 18-Jährigen kaum noch genutzt", weiß der FDP-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Dennys Bornhöft. Der FDP-nahe Jugendverband nutze daher auch den Bilderdienst Instagram, um mit Fotos von Aktionen und Kurzbotschaften via Snapchat potenzielle Jungwähler zu erreichen. Besonders gut funktioniere das in anderen Altersgruppen noch recht unbekannte Netzwerk Jodel. "Da können Nutzer im Umkreis von zehn Kilometern Bilder und Statements von uns anonym bewerten und kommentieren", so der 31-Jährige.

Die Jugend spricht auch über Trump oder den Brexit

Auf den direkten Kontakt wollten und könnten jedoch auch die JuLis nicht verzichten: "Da spreche ich natürlich ganz andere Themen an als bei älteren Wählern". Dabei gehe es dann weniger um den Ausbau von Straßen, als um die Unterrichtsversorgung und die kontrollierte Freigabe von Cannabis. "Themen wie die Trump-Wahl und der Brexit sind auch den Jungen geläufig", sagt er. Während die Herabsetzung des Wahlalters in der Mutterpartei FDP umstritten gewesen sei, fordern die JuLis heute noch mehr: "Wir wollen auch das passive Wahlrecht ab 16", sagt Dennys Bornhöft zum Abendblatt und meint damit die Möglichkeit, auch Minderjährige schon in ein Parlament wählen zu können.

Rund 5000 Minderjährige dürfen nach Angaben des Kreises Stormarn am kommenden Sonntag erstmals über die Zusammensetzung des Landtages mitbestimmen. Wer sich in seiner Wahlentscheidung noch nicht sicher ist, bekommt Hilfe vom Wahl-o-Mat. Dort können Interessierte durch Beantwortung von 38 Fragen ihre Übereinstimmung mit zentralen Wahlkampfforderungen der Parteien überprüfen: www.wahl-o-mat.de

Marc R. Hofmann

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