Lea (25) arbeitet im Betrieb ihrer Eltern. Sie erklärt, was sie an der Arbeit mit Fischen mag und warum sie kein Problem mit dem Schlachten der Tiere hat.
Was eine Fischwirtin macht
Für meinen Beruf braucht man eine dreijährige Ausbildung, wenn man schon Abitur oder eine Ausbildung hat, kann man diese wie ich auf zwei Jahre verkürzen. Ich habe meine Ausbildung gleich in zwei Betrieben gemacht, aber nicht bei meinen Eltern, da ich einen größeren Überblick über die Branche bekommen wollte. In einem Betrieb haben wir vor allem an den Fischen geforscht und gefährdete Arten vermehrt. Bei der anderen Zucht lag der Fokus auf der Produktion. Dort haben wir den Fisch vom Ei bis zum fertigen Speisefisch großgezogen und anschließend verkauft oder ihn als Besatzfisch in Flüssen ausgesetzt.
Der Job ist so, wie ich ihn mir vorgestellt habe, schließlich bin ich bereits mit der Fischzucht aufgewachsen. Ich mag, wie abwechslungsreich dieser Beruf ist, dass ich zu jeder Jahreszeit draußen bin - und das auch oft alleine. Das brauche ich. Aber auch die Zusammenarbeit mit den Kollegen und den Kontakt zu Kunden schätze ich sehr. Außerdem kann ich hier voll und ganz hinter dem Produkt stehen. Andere Menschen haben oft schon eine ganz konkrete Vorstellung, wie mein Beruf aussieht. Zum Beispiel, dass ich mit der Angel die Fische aus dem Wasser hole. Das ist natürlich nicht so. Dafür habe ich Kescher und Netze, schließlich muss man effizient sein. Außerdem denken viele, dass wir im Winter nichts zu tun haben, da die Teiche einfrieren. Das ist aber nur bei den Karpfenteichen so. In allen anderen Teichen fließt Quellwasser, das zwischen acht und zehn Grad hat und dadurch nicht friert.
In unserem Familienbetrieb teilen wir uns morgens in zwei Gruppen auf. Die eine Gruppe ist draußen bei den Fischen und die andere Gruppe geht in die Verarbeitung. Wenn ich draußen bin, füttere ich zum Beispiel die Fische oder setze sie in andere Becken um, sobald sie größer geworden sind. Um die von Kunden vorbestellten Fische aus dem Wasser zu holen, stehe ich mit einer Schutzhose, auch Wathose genannt, im Wasser. Zum Einfangen nutze ich ein sogenanntes Zugnetz, mit dem man die Fische wie mit einem Sack einsammeln kann. Anschließend hole ich einzelne Tiere mit einem Kescher heraus und fahre sie mit einer Schubkarre zur Verarbeitung. Dort werden sie zunächst mit Strom betäubt, dann getötet und direkt ausgenommen. Einige Fische räuchern oder filetieren wir auch noch. Ein Teil der Fische geht auch in die Sterne-Gastronomie, der andere kommt in unseren Hofladen.
Man sollte motiviert sein und Lust darauf haben, mit und in der Natur zu arbeiten. Schließlich hat man mit Lebewesen zu tun. Das sollte man auch wertschätzen. Teamfähigkeit ist wichtig, da man mit den Kollegen häufig in Gruppen arbeitet, beispielsweise bei der Schlachtung der Fische. Außerdem sollte man einigermaßen fit sein, da man viel draußen ist und körperlich arbeitet. Und die Bereitschaft, länger als 40 Stunden zu arbeiten, sollte vorhanden sein. Vor allem an Ostern und Weihnachten gibt es viel zu tun. Ich arbeite aber auch regulär sehr lange, Überstunden sind für mich etwas Normales.
Ich habe neben dem Beruf noch genug Freizeit, in der ich am liebsten angeln gehe oder im Garten etwas anbaue. Manchmal muss ich mir meine Freizeit aber auch ein bisschen erkämpfen. Wenn man auf dem Hof der Eltern lebt und dort auch die Fischzucht angesiedelt ist, fällt es manchmal schwer, an freien Tagen richtig abzuschalten. Letztendlich hilft man doch immer wieder mal mit. Wenn ich wirklich Urlaub machen möchte, muss das Geschäft geschlossen sein oder ich muss wegfahren, um mich richtig zu erholen.
Bei uns steigt man mit 2200 Euro brutto ein und steigert sich dann mit der Zeit. Ich verdiene 2400 Euro brutto im Monat und kann davon aktuell sehr gut leben. Und jetzt, wo ich frisch meinen Meister gemacht habe, wird sich das Gehalt auch nochmal steigern. Aktuell habe ich den Vorteil, dass ich keine Miete zahlen muss und die Verpflegung umsonst bekomme, da ich auf dem Hof meiner Eltern wohne. Aber auch wenn ich das selbst zahlen müsste, würde ich das noch gut schaffen. Hätte ich eine Familie, die ich versorgen müsste, könnte es aber schon eng werden.
Die meisten Menschen sind neugierig. Im Laden werde ich oft gefragt, ob mir die Tiere nicht leidtun, wenn ich sie schlachte. Meine Standard-Antwort auf die Frage ist: Eine Leberkässemmel hat auch mal gequiekt. Für mich ist wichtig, dass die Fische ein schönes Leben hatten und keinen Stress haben bis zu ihrem Tod. Dann finde ich eine Schlachtung in Ordnung. Natürlich gibt es aber immer wieder mal Fische, die ich besonders mag und deshalb schon öfter zurück in den Teich gesetzt habe. Das sind dann Tiere, die ein besonders schönes Muster oder eine einzigartige Farbe haben und die ich dadurch auch immer wiedererkenne. Aber auch die braucht man irgendwann für die Kunden und dann tut es schon kurz weh. Neulich ist eine rote Regenbogenforelle auf natürlichem Wege verstorben. Die mochte ich aufgrund ihrer Farbe sehr gerne, weil sie einfach wahnsinnig schön war. Das war sehr schade, aber sie hatte ein gutes Leben.