Eine Auktion dauert oft nur wenige Sekunden: In Aalsmeer werden täglich Millionen von Blumen versteigert. Nun macht die Digitalisierung einigen das Geschäft kaputt.
Das Licht im Inneren des Herzens ist kalt. Im grellen Neonlicht fahren Dutzende von Arbeitern ab morgens um 6 Uhr Millionen von Blumen auf orangenen Elektrokarren durch die Gegend. So groß wie ganz Monaco ist die Anlage, auf der die Ware aus den Niederlanden, Kenia und Kolumbien gehandelt wird, bevor sie dann per LKW in Europa verteilt wird: Tulpen und Lilien, Chrysanthemen und Rosen, Rosen, Rosen - eingepfercht in Plastikkisten. Das Rattern der Karren bildet das Hintergrundrauschen für die größte Blumen- und Pflanzenbörse der Welt. In der Woche vor dem Valentinstag schlägt das Herz der Branche besonders laut, transportieren die Fahrer 165 Millionen Blumen, fast ein Drittel davon sind Rosen.
Das Blumen-Monaco liegt in der kleinen holländischen Stadt Aalsmeer, direkt neben dem Flughafen Amsterdam-Schiphol. Betrieben wird das Ganze von der Genossenschaft Flora Holland. Sie sorgt dafür, dass die Händler rund 20.000 unterschiedliche Sorten kaufen können. Sie regelt die technische und logistische Abwicklung in einer Branche, in der Preiskämpfe nur Sekunden dauern, in der alles flott gehen muss, weil die Ware so schnell verdirbt. Ihr gehören noch vier weitere Blumen-Börsen in den Niederlanden: 40 Prozent des weltweiten, 60 Prozent des europäischen Marktes laufen über diese Handelsplätze.
Orte, an denen jeden Tag mehrere Hundert Händler Geschäfte machen. Einer von ihnen ist John Mank. Ausgerüstet mit einem Telefon, einem Headset und mehreren Laptops kommt der Mitarbeiter eines kleinen Zwischenhändlers jeden Morgen in einen der Auktionssäle von Aalsmeer, die sich mitten in den Hallen befinden. Hier entscheidet sich, zu welchen LKWs die Elektrokarrenfahrer welche Blumen bringen. An Dutzenden aufsteigenden Tischreihen sitzen die Händler und starren auf zwei Bildschirme an der Wand vor ihnen.
Darauf sind der Name des Produzenten, die Blumensorte und die Versteigerungsuhren zu sehen, die nach dem System der holländischen Auktion funktionieren: Der Zeiger beginnt bei einem hohen Cent-Wert, um dann binnen Sekunden gegen Null zu rasen - so lange, bis ein Bieter zuschlägt. Ein Hochfrequenzhandel, bei dem die Händler an den Tagen vor Valentinstag 850.000 Transaktionen abschließen, bis zu 60 Prozent mehr als normalerweise. Alle drei Sekunden ist eine Auktionsrunde beendet, Einstiegspreise und Sorten wechseln genauso schnell. Siebzig Cent. Drei Euro. Fünfzig Cent. Rosen. Tulpen. Nelken.
Die Händler spekulieren mit den BlumenUm in diesem Preiskampf genau zu wissen, was er will, nimmt John Mank schon ab fünf Uhr die Bestellungen seiner Kunden entgegen. Aus Kasachstan und Russland, von einem deutschen Supermarkt. Mank wählt die Blumen entsprechend aus, achtet je nach Wunsch mehr auf Qualität oder Preis. Die Favoriten blinken auf einem seiner Laptops auf, wenn sie zur Versteigerung anstehen. 120 Cent, 103, 85, 70, 62... Mank drückt auf den Knopf, der sich in dem Tisch vor ihm befindet. Gekauft!
Rosen aus Kolumbien, 61 Cent je Stiel. "Zwei", bellt er in sein Headset, das ihn mit einem Börsenmitarbeiter verbindet. Die nächsten Rosen sind dran. 100, 85, 70, 64. "Shit", flucht Mank. Ein anderer Händler hat schneller gedrückt. Jetzt steht Mank unter Druck, braucht Rosen um jeden Preis, schließlich ist es kurz vor Valentin. Er hämmert eine Nummer ins Telefon. "Firma Korenwinder", fragt er hektisch, "hast Du noch Rosen? Drei Kisten! Danke." Kein gutes Geschäft für Mank, weil er nun mehr zahlen muss - und ein Spekulationsgewinn für einen Händler, der auf Vorrat gekauft hat. Alltag im Blumenmeer von Aalsmeer.