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Corona-Protokolle: Grundschule im Ausnahmezustand

Von Lucia Weiß


In der Pandemie gibt es an Grundschulen nur noch Notbetreuung oder die freiwillige Anwesenheit. Drei Lehrende erzählen vom Spagat zwischen digitalem Fernunterricht und Klassenraum.

Die erste Aufgabe für die Schülerinnen und Schüler, die morgens in die Grundschule in Grunbach kommen, heißt: Händewaschen. Derzeit gibt es drei Gruppen in der Notbetreuung, die um 8:30 Uhr startet. Lehrerin Viktoria Palmer, ein Schulsozialarbeiter und eine weitere Lehrerin teilen sich die Aufsicht.

Viktoria Palmer kümmert sich darum, dass bei den Schützlingen der Klassenstufen 1 bis 4 alles läuft: Wer hat gleich eine Videokonferenz und braucht eines von den schuleigenen Tablets dafür? Haben alle ihre Aufgabenblätter dabei und wissen, was sie tun müssen? Sind die Hausaufgaben gemacht?

Das sagt die 58-jährige Palmer. Rund ein Drittel der Kinder habe oft die Sachen nicht dabei und brauche viel Unterstützung.

Notbetreuung in Baden-Württemberg

Grunbach ist ein Ortsteil von Remshalden (Rems-Murr-Kreis). Normalerweise besuchen 230 Kinder die Grundschule - in der Notbetreuung sind es 30. In Baden-Württemberg gilt bis vorerst 21. Februar die Notbetreuung in Grundschulen.

Es kommen Kinder, deren Eltern in systemrelevanten Berufen arbeiten oder bei denen die Situation wegen des Homeoffice der Eltern schwierig ist. "Außerdem haben wir gezielt Kinder dazugeholt, wo es nur wenig Rückmeldung aus dem Homeschooling gab", sagt Palmer.

Alle haben das gleiche Programm. Gearbeitet wird über die digitale Plattform Moodle, zuhause oder im Klassenzimmer. Manche brauchen das Klassenzimmer: Palmer erzählt von einem Schüler aus Afghanistan, der mit der deutschen Sprache noch Schwierigkeiten habe.

"Aber der rechnet wie eine Eins, nur braucht er jemanden, der neben ihm sitzt." Nachmittags bereitet Palmer dann ihren eigenen digitalen Unterricht als Sport-, Kunst- und Handarbeitslehrerin vor. Die Kommunikation mit den Eltern liegt bei den Klassenlehrern.

Hybrides Unterrichts-Modell in Hessen

Beim Thema Bildung macht es jedes Bundesland im föderalen Deutschland anders. In Hessen ist wegen der Corona-Pandemie die Präsenzpflicht ausgesetzt. Das heißt, die Eltern entscheiden selbst, ob sie ihre Kinder in die Schule schicken oder nicht.

"Was die Grundschule betrifft, da kommen teilweise bis zu 50 Prozent", sagt Mario Michel. Diese Rückmeldung bekomme er als Vorsitzender des Grundschulverbands Hessen.

Für die Lehrenden hieße das: Doppelarbeit - denn im Unterschied zur Notbetreuung wird vor Ort "weiter richtiger Unterricht gemacht, so wie vor dem Shutdown, nur eben mit weniger Kindern", sagt der 42-jährige Michel, der eine Grundschule in Kirchhain (Kreis Marburg-Biedenkopf) leitet. Dazu komme dann die Aufbereitung für den Fernunterricht.

"Viele Kolleginnen und Kollegen laufen am Limit. Wir haben mit 28,5 Stunden Lehrverpflichtung pro Woche die höchste Stundenzahl und im Vergleich zu anderen Schulformen die niedrigste Bezahlung", so Michel. Schon vor Corona seien viele Lehrkräfte stark belastet gewesen.

Digitales Lernen als voller Erfolg in Hamburg

"Ich war am Anfang skeptisch den digitalen Medien gegenüber. Aber es klappt erstaunlich gut", sagt Beate Rupp-Uhlig. Sie ist Lehrerin für die Primarstufe in Hamburg, wo ebenfalls die Präsenzpflicht ausgesetzt ist.

Jeden Morgen sitzen die Kinder der Winterhuder Reformschule auf Bänken und mit Abstand im Kreis und verbinden sich über Tablets oder Bildschirme mit den Daheim-Lernenden, schildert Rupp-Uhlig. Auch die jungen Kinder kämen gut zurecht und wüssten etwa, wie man am Tablet das Mikrofon ein- und ausschaltet.

"Wir sind froh, dass wir in Kontakt bleiben können", sagt die 54-Jährige. Auch Kinder machten sich manchmal Sorgen. So habe ein Schüler gefragt:

Lehrer wünschen sich Planungssicherheit

Klarheit und Planungssicherheit, das wünschen sich die Grundschullehrer Michel und Palmer von der Politik. "Der Fokus muss entweder auf der Bildung liegen mit Präsenzunterricht - oder auf der Kontaktvermeidung mit Notfallbetreuung", sagt Michel.

Das Hessener Modell werde weder dem einen noch dem anderen wirklich gerecht. "Es wäre schön, wenn wir mindestens eine Woche Vorlauf haben, was neue Entscheidungen über die Schule angeht", sagt Palmer. Die anhaltende Unruhe sei belastender als die viele Arbeit. "Da schläft man schlecht."

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Selbstverständlich würden in Schulen und Viren weiter verbreitet werden, sagt die Virologin Schroeder.

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