Die SMS, die das Leben von Aaron Ghebray zum Albtraum machen wird, kommt morgens um kurz nach halb acht. Ghebray stammt aus Eritrea und ist nach Deutschland geflohen, gerade ist er dabei, sich an den Alltag in Köln zu gewöhnen und für seine Deutschprüfung zu lernen. Die Nachricht kommt von einer unbekannten Nummer aus Libyen, am 27. Juni 2018, er hat sie bis heute auf dem Handy gespeichert. "Ghebray, melde dich. Ich habe deinen Bruder." Als er zurückruft, meldet sich ein Mann, der 7000 Dollar verlangt. Sonst werde er den Bruder töten. Ghebray sagt, er könne nicht zahlen. Dann hört er am anderen Ende der Leitung seinen kleinen Bruder schreien.
Ghebray, 26, der seinen richtigen Namen nicht veröffentlicht sehen will, lebt seit dreieinhalb Jahren in Deutschland. Ein gutes Jahr nach der SMS sitzt er in seiner schlichten Wohnung in Köln, die er sich mit einem eritreischen Mitbewohner teilt, und erzählt die Geschichte seines Bruders Jonas, der ebenfalls anders heißt.
Die Geschichte der beiden Brüder
Dieser Beitrag erschien zum ersten Mal in der SPIEGEL-Ausgabe 35/2019.