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Frankfurt: „Schüler groß machen"

Wer am Mittwochvormittag an den Wasserspielen im Günthersburgpark entlangflaniert, dem schallt von weitem Hip-Hop entgegen. Aus einer Anlage vor dem roten Backsteinhaus, der Orangerie, tönt Musik, dazu schwingen zehn Schüler die Hüften. Im Gleichtakt steppen die Sechstklässler von einem Bein aufs andere, lassen sich auf die Knie fallen und hüpfen gleich wieder in die Höhe. Ein paar Schaulustige vom nahen Spielplatz haben sich auf der Treppe vor der kleinen Bühne platziert und beobachten das Treiben.

„Es ist schön, dass wir hier einen so offenen Raum haben, mitten im Park", sagt Stefan Weiß vom Frankfurter Kinderschutzbund, der die Kinderkulturwoche organisiert. Eine Woche lang finden hier Kunstworkshops statt, an denen sich sechs Schulklassen aus Frankfurt beteiligen. „Unser Ziel ist es, Kultur für alle zu ermöglichen", sagt Weiß. Deshalb freue er sich, wenn neugierige Kinder und Jugendliche aus dem Park kämen, um bei den Proben zuzuschauen.

Geübt wird für die Aufführung am Freitag, wo die Schüler Einstudiertes zum Thema „Fantasiewelten" aus Tanz, Musik und Theater vorstellen. In der Orangerie riecht es nach Farbe, Matilda aus der IGS Nordend spritzt rote „Blutkleckse" auf ein Brett. Die Sechstklässlerin ist von der Projektwoche begeistert. „Macht mega Spaß", sagt sie und bepinselt mit konzentrierter Miene den Grabstein für das Bühnenbild der Zombie-Fantasiewelt. Die Kunst komme in der Schule einfach zu kurz.

Elham, Dennis, Dario und Tülin (v.l.) aus der Anne-Frank-Schule auf ihrer "Traumreise im Weltall". Foto: Michael Schick

Was hat der Kinderschutzbund mit kultureller Bildung zu tun? „Das ist ein ganz wichtiger Aspekt des Lernens - soziales Lernen par excellence", sagt Stefan Weiß. Leider werde das Kulturangebot in den Schulen sehr vernachlässigt. Die Workshops sollen den Kindern zeigen, was an kreativem Potenzial in ihnen steckt. „Wir hoffen, damit etwas anstoßen zu können", sagt Weiß.

Anstecken lassen von der kreativen Energie hat sich bereits Dario aus der sechsten Klasse, der im Kreis seiner Mitschüler auf dem Rasen sitzt. Unter dem Schatten der Bäume folgt die Gruppe den Anweisungen der Theaterpädagogin, die Improvisationsübungen anleitet.

„So was erlebt man nicht alle Tage", sagt Dario mit gedämpfter Stimme, um die Probenden nicht zu stören. Er hat noch nie vorher Theater gespielt, jetzt möchte er unbedingt weitermachen. „Ich bin vorher gar nicht auf die Idee gekommen, aber das Schauspiel macht Spaß. Und meine Schule hat eine Theater-AG." Besonders gefällt Dario das freie Konzept der Projekte. „In der Schule gibt es einen festen Unterrichtsplan, da können wir nicht viel mitbestimmen. Aber hier werden unsere Ideen unterstützt.

Die Klassenlehrerin Miriam Steinbach hat es sich auf einer Bank bequem gemacht und beobachtet ihre tanzenden Schützlinge. Auch sie ist von der Kulturwoche begeistert. „Wir haben viele Schüler mit Migrationshintergrund in der Klasse", erzählt sie. „Beim Tanzen spüren die Kinder besonders ihre Gemeinsamkeiten. Da sind die kulturellen Unterschiede plötzlich gar nicht mehr relevant."

Mit der gemeinsamen Vorstellung der Klassen am Freitag um 11 Uhr vor der Orangerie endet die Kinderkulturwoche. Der große Auftritt sei für die Kinder eine besondere Erfahrung, an die sie sich lebenslang erinnerten, sagt Stefan Weiß: „Wir wollen Schüler groß machen."

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