Heute ist „Equal Pay Day" - Tag der gleichen Bezahlung. Bis zu diesem Stichtag arbeiten Frauen in Deutschland quasi umsonst.
Denn von gleicher Bezahlung können Frauen derzeit leider nur träumen. Die nackten Zahlen zeigen: Noch immer bekommen Frauen für den gleichen Job deutlich weniger Geld als Männer!
Über alle Branchen, Positionen und Berufe hinweg verdienen Frauen in Deutschland rund 37 000 Euro und Männer rund 47 600 Euro im Jahr. Bedeutet: Männer erhalten insgesamt rund 22,2 Prozent mehr als Frauen.Das ergab eine Umfrage des Vergleichsportals „Gehalt.de" und der Comdirect-Initiative „Finanz-Heldinnen". Die Zahlen beziehen sich zunächst auf die sogenannte unbereinigte Entgeltlücke, bei der gehaltsrelevante Parameter wie Berufserfahrung und Bildungshintergrund noch nicht berücksichtigt sind.
Rechnet man diesen Lohnunterschied nun in Arbeitsstunden um, arbeiteten Frauen in diesem Jahr bis zum 10. März („Equal Pay Day" in Deutschland) ohne Bezahlung. 2020 war der Equal Pay Day am 17. März. Hintergrund: Bereits gestern hatte das Statistische Bundesamt, passend zum internationalen Frauentag, Zahlen herausgegeben, wonach die Bezahlungslücke zwischen Frauen und Männern bei 18 Prozent und laut Zahlen des Sozialverbands Deutschland bei 19 Prozent liegt. Die Werte schwanken je nach Datengrundlage. Spürbare Lücke selbst bei identischer Berufserfahrung und Ausbildung Die Analyse von „Gehalt.de" und „Finanz-Heldinnen" zeigt jedoch auch: Selbst bei gleichem Beruf, gleicher Position, gleicher Arbeit und IDENTISCHER Berufserfahrung und Ausbildung verdienen Frauen weniger - und zwar 5,1 Prozent (bereinigte Entgeldlücke). Unter Führungskräften ist der Unterschied mit 7,0 Prozent zudem größer als unter Fachkräften (5,2 Prozent).„Im Jahr 2021 stellen wir in Deutschland noch Gehaltsunterschiede zwischen Männern und Frauen fest, die allein auf das Geschlecht zurückzuführen sind. Selbst in Branchen und Berufen mit hohem Frauenanteil gibt es zu selten eine gleichberechtigte Bezahlung", sagt Dr. Philip Bierbach, Geschäftsführer von „Gehalt.de".
Doch in welchen Branchen klafft die Lücke eigentlich am weitesten auseinander? BILD gibt den Überblick. Gender-Pay-Gap nach BranchenMit Gutscheinen online sparen
Unter Fachkräften sticht vor allem der Einzelhandel mit hohen Gender-Pay-Gaps hervor: In Supermärkten verdienen Arbeitnehmerinnen demnach rund 12 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen - obwohl sie die gleiche Arbeit leisten!Im Einzelhandel für Bau und Einrichtung (10,4 Prozent) und in der Versicherungsbranche (10,1 Prozent) sind die Unterschiede ebenfalls groß.
Ausgerechnet in der Pflege, die während der Pandemie einer besonders großen Belastung ausgesetzt ist, verdienen Frauen trotz gleicher Leistung 4,2 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. In Krankenhäusern sind es sogar 8,3 Prozent weniger.In lukrativen Branchen wie der Automobilindustrie oder im Bankwesen liegt der Gehalts-Unterschied zwischen Frauen und Männern, trotz ansonsten identischer Bedingungen, ebenfalls bei fast 8 Prozent.
Am niedrigsten ist die Lücke dagegen in der Biotechnologie (0,8 Prozent). Sie gilt aktuell auch generell als lukrativste Branche in Deutschland. Im Kulturbereich ist der Wert mit 2,4 Prozent Unterschied im Vergleich ebenfalls niedrig. ► Branchenvergleich: niedrige bereinigte Gender-Pay-Gaps (Fachkräfte): ► Branchenvergleich: hohe bereinigte Gender-Pay-Gaps (Fachkräfte): Gender-Pay-Gap in ausgewählten Berufen Und wie schneiden die Frauen-Gehälter in den jeweiligen Berufen ab? Auffällig hoch ist die Lücke bei den Fachärztinnen-Gehältern. Sie verdienen unter gleichen Voraussetzungen 9,3 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Unter IT-Fachkräften, eine Berufsgruppe, in der Frauen stark unterrepräsentiert sind, ist die Gehaltslücke bei gleicher Ausbildung mit 6,2 Prozent etwas niedriger.In der IT-Leitung sind es 4,2 Prozent und bei E-Commerce-Managerinnen liegt sie bei 4,5 Prozent. Journalistinnen verdienen trotz gleicher Arbeit rund drei Prozent weniger als ihre Kollegen.
Dabei gibt es auch regional Unterschiede bei der Bezahlung. In Baden-Württemberg sind die Einkommen, aber auch die Entgeltlücken, mit rund 7,8 Prozent mehr Geld für die Männer am höchsten. Auch in Rheinland-Pfalz (7,2 Prozent) und Sachsen (6,1 Prozent) sind die Abweichungen vergleichsweise hoch.
Am niedrigsten ist der Wert in Mecklenburg-Vorpommern mit 0,6 Prozent. ► Gender-Pay-Gap nach Berufsgruppen (Fachkräfte): ►Gender-Pay-Gap nach Berufsgruppen (Führungskräfte): Und welche Rolle spielt das Alter? Fest steht: Mit zunehmendem Alter geht die Gehalts-Schere zwischen Männern und Frauen noch weiter auseinander. Und: sie beginnt bereits im jüngeren Erwachsenenalter.So verdienen 18 bis 35-Jährige laut einer Studie des Vergleichsportals Verivox bereits etwa ein Fünftel (19 Prozent) weniger als ihre männlichen Altersgenossen. Frauen zwischen 36 und 50 Jahren verdienen im Schnitt sogar 30 Prozent (789 Euro) weniger als gleichaltrige Männer. In der Altersgruppe der 51- bis 65-Jährigen verdienen Frauen 29 Prozent weniger.
Ein Teil der Verdienstunterschiede erklärt sich dabei durch strukturelle Unterschiede: Frauen arbeiten öfter in Branchen mit niedrigem Lohnniveau. In den Lebensjahren während und nach der Familiengründung kommen häufig noch längere Job-Auszeiten und Teilzeit-Arbeitsverhältnisse hinzu.
Besonders bitter: Die größte Auswirkung hat die Lohnlücke auf die Rente. Seniorinnen über 65 Jahre verfügen im Schnitt über 18 Prozent weniger Einkommen als Männer im gleichen Alter. „Wir verdienen weniger und wir sparen weniger. Uns Frauen droht Altersarmut. Wir befinden uns hier in einem finanziellen Teufelskreis. Wenn wir es nicht schaffen, Frauen für Finanzen zu begeistern, wird das Thema Altersarmut weiterhin uns Frauen im Kern betreffen", sagt Katharina Brunsendorf, Projektleiterin Initiative Finanz-Heldinnen.