Tausende Gutshäuser liegen nördlich von Berlin, viele drohen zu verfallen - doch Liebhaber:innen retten sie. Über eine Transformation zu Co-Working-Spaces, Retreats, Glamping-Spots und Fluchtorten
Gegenüber vom Kühlschrank, auf dem sich Tomatendosen stapeln, steht die Badewanne. Über ihr hängt an einer goldenen Kette ein Kronleuchter mit Kerzenhaltern, ein abgebrannter Stumpf steckt darin, rosa Seifenstücke sind am Wannenrand drapiert und ein Dreizack ziert die Wand - die wiederum ist unverkleidet, unverputzt, rau. Eine Szenerie wie ein Stillleben. Allerdings eines, das belebt ist: Nina und Albrecht Hollensteiner baden hier. Es ist ihr improvisiertes Badezimmer.
Laut Plan sollte es sich in einem anderen Raum befinden - noch fehlen dort allerdings die Wasseranschlüsse, erklärt Albrecht Hollensteiner. Er sitzt auf einer Bierbank in der künftigen Küche. An einem Henkel hält er eine ostfriesische Teetasse mit blauem Zwiebelmuster, die Beine in der Cordhose hat er übergeschlagen. Der 42-jährige Künstler und seine Partnerin Nina Hollensteiner, 38, in Kunst und Mode arbeitend, unter anderem als Stylistin und Artdirektorin, wohnen seit Dezember 2020 auf einer Dauerbaustelle im Gutshaus Scharpzow, einem Klinkerbau aus dem Jahr 1896. Sie leben ihren Plan und gehen darin auf. Albrecht Hollensteiner sagt: „Man erweckt eine alte Bausubstanz aus dem Dornröschenschlaf."
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